Die verschwundene Partitur
Musical
Musik und Songtexte von Jan Spitzer und Thomas Hertel
Buch von Claus Ulrich Wiesner
Inszenierung
Uraufführung: 9. Mai 1976
Landestheater, Halle, DDR
- Musikalische Leitung: Volker Münch
- Regie: Karsten Bartels / Jan Spitzer
- Bühnenbild: Rolf Klemm
- Kostüme: Helga Müller-Steinhoff
- Choreographie: Helmut Neumann
- Chöre: Werner Kraßler
Besetzung:
- Thomas: Hans-Georg Körbel
- Magda: Sieglinde Schnelle
- Lobedanz / Wagner: Eugen P. Herdin
- Johann Sebastian Bach: Werner Hasselmann
- Zicke / H. Roth: Johannes Walsinger
- Metzenthin / Tannhäuser: Wolfgang Sommer
- Frau Metzenthin: Ursula Reise
- schüchternes Mädchen: Sylvia Studte
- Fräulein / 1. Frau: Waltraud Hieber
- Bardame / 2. Frau: Rita Adolph
- Süßhahn: Klaus Thielecke
- Wichtigtuer / 1. Mann: Wolf-Eike Bartels
- Betrunkener / 2. Mann: Rainer Stürmer
- Dickmops / Lakai / Ober: Horst Bartnow
Premierenchronik
DDR | UA | 9. Mai 1976 | Landestheater, Halle |
Inhaltsangabe
"Thomas und Magda lieben sich offenbar; immerhin liegen sie zusammen in einem Bett und hüpfen gemeinsam als Nackedeis umher. Ansonsten aber hat Thomas so seine Problemchen: er studiert Musikwissenschaft, leitet eine Band (die Klassiker verpopt), soll als Examenarbeit ein Musikstück im alten Stil schreiben und Magda ist die Tochter seines Professors. Das alles setzt ihm ganz schön zu und er läßt sich 'vollaufen'. Zu seinem Glück, denn im Rausch trifft er den seligen Johann Sebastian. Dieser geistert von nun an mit durch die alkoholisierten Träume Thomas'; er ist immer da, wenn er nicht erwartet, und fehlt, wenn er gebraucht wird. Er leitet Thomas in mecklenburgisch-ländliche Idylle zum naiven Maler Metzenthin und dessen ebenso schrullige Frau, erscheint daselbst als Hausgeist, komponiert etwas, was Thomas auch sieht, und dann ist die Partitur verschwunden. Nun gelingt auch die Examensarbeit. Der gestrenge Herr Professor erkennt gerührt Thomas als seinen Schwiegersohn an - und zur Klärung der Wohnfrage habe man ja so seine Verbindungen und das Auto für das junge Eheglück werde auch gleich bestellt. Das ist Thomas nun wieder zuviel des Guten. Mit einem Schrei entweicht er dem Traum - Gott sei Dank, er ist mit Magda noch in seiner Studentenbude. Nichts ist passiert."
Eckart Kröplin: Johann Sebastian als All-Rounder. 'Die verschwundene Partitur' von Wiesner/Hertel/Spitzer am Landestheater Halle. In: Theater der Zeit, 7/1976, Seite 53-54.
Kritiken
"Der Konflikt des Stücks besteht, wie es im Programmheft etwas hochgestochen heißt, in der Gegenüberstellung 'zweier extrem formulierter Lebenshaltungen', zwischen Thomas und dem Professor nämlich. Aber es ist doch wohl nur ein Konfliktchen, eigentlich nicht artikuliert, sondern nur angedeutet, beide Seiten dabei recht vereinseitigend. Gewiß, im Musical, oder weiter, im heiteren Musiktheater, müssen nicht unbedingt existentielle Lebensfragen in dramatischer Zuspitzung abgehandelt sein, aber es möchte doch wenigstens um ernsthafte Dinge im Grunde gehen (natürlich in ihren heiteren Aspekten), und das in einer klar und sauber gearbeiteten Dramaturgie. Daran mangelt es hier.
[....] Der eigentlich interessante Teil der Aufführung ist ihre Musik. Beide Komponisten, Thomas Hertel und Jan Spitzer, erwiesen sich als Könner. Arbeitsteilig musikalisierten sie zwei verschiedene Richtungen - Hertel vor allem die Bach'sche Ebene, Spitzer die des zeitgenössischen Sound. Etwas ungleich sind zwar die Gewichte gelagert, im zweiten Teil ist Bach nur noch ein Bächlein, doch bereiten die kunstvollen Variationen und Adaptionen und so manche stilistische Feinheit, Freiheit und Frechheit viel Vergnügen. [...] Von beiden Musikern wünscht man sich, gerade wegen ihrer Unkonventionalität und ihres Engagments, weitere Arbeiten im heiteren Musktheater, mit vollkommeneren Sujets.
Spitzer führte, gemeinsam mit Karsten Bartels, auch Regie. Dieses Unternehmen gelang nicht so ganz, da sie mit den Tücken der Dramaturgie dieses Werkes letztlich nicht zu Rande kamen."
Eckart Kröplin: Johann Sebastian als All-Rounder. 'Die verschwundene Partitur' von Wiesner/Hertel/Spitzer am Landestheater Halle. In: Theater der Zeit, 7/1976, Seite 53-54.
"Freilich ist unverkennbar, daß hier eine Kurzgeschichte abendfüllend gestreckt ward und dabei einiges an gereimter und ungereimter Poesie, aber kaum an Handlungsgröße gewonnen hat. Das eingedenk, haben Jan Spitzer und Thomas Hertel dem Libretto eine üppige Pop-Music auf den schmalbrüstigen Leib geschrieben, die zwar nicht immer dramaturgische Funktion hat, aber im Rhthmus der Zeit beatet und swingt und außerdem mit achtenswerter Kunstfertigkeit "Barock 'n' roll" propagiert.
Das braucht eine moderne Big Band mit viel Drive im Schlagwerk, Vorzüge, die das Unterhaltungsorchester des Landestheaters Halle mit seinem Dirigenten Volker Münch erfolgsbestimmend einbringt, Jan Spitzer hat zusammen mit dem Musikdramaturgen Karsten Bartels die Inszenierung besorgt, deren großer Nachteil der Mangel an fließenden Übergängen der zahllosen Szenen und deren Vorzug eine Anzahl hübscher Details ist."
Georg Antosch: Traumspiel um Bach und Beat. Zu Musical-Premieren in Halle und Leipzig. In: Neue Zeit, Zentralorgan der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (CDU in der DDR), Nr. 147, 22. Juni 1976, Seite 4.
Kommentar
Da das Programmheft zur Uraufführung aktuell noch nicht vorliegt, stammen die Angaben aus den seinerzeitigen Presseveröffentlichungen. Die Angaben werden ggf. ergänzt oder geändert, wenn das Originalprogrammheft vorliegt.
Empfohlene Zitierweise
"Die verschwundene Partitur". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 27. Mai 2022.