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Stella. Das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm

Ein deutsches Singspiel


Musik von Wolfgang Böhmer
Text von Peter Lund

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 23. Juni 2016 
Neuköllner Oper, Berlin, Bundesrepublik Deutschland

  • Musikalische Leitung: Hans-Peter Kirchberg / Tobias Bartholmeß
  • Regie: Martin G. Berger
  • Choreographie: Marie-Christin Zeisset
  • Ausstattung: Sarah-Katharina Karl
  • Video: Roman Rehor
  • Lichtdesign: Christian Gierden

 

Besetzung:  

  • Stella Goldschlag: Fredrike Haas
  • Rolf Isaaksohn / u.a.: Jörn-Felix Alt / Dennis Weißert
  • Walter Dobberke / Richter / u.a.: Victor Petitjean
  • Adolf Eichmann / Friedhelm Schellenberg / u.a.: Markus Schöttl
  • Vater Goldschlag / u.a.: David Schroeder
  • Samson Schönhaus / u.a.: Samuel Schürmann / Alev Hodzovic
  • Yvonne: Isabella Köpke

 

 

 

 

Premierenchronik

D UA 23. Juni 2016 Neuköllner Oper, Berlin

 

Anmerkung: "Stella" wurde 2017 und 2018 in der Neuköllner Oper wiederaufgenommen.

 

 

Inhaltsangabe


"Stella ist 20, als Hitler anordnet, Berlin endgültig „judenrein“ zu machen. Stella ist blond und jung und schön, und sie möchte Sängern werden, drüben in Amerika. Oder Filmstar, wie Marlene Dietrich. Aber Stella ist Jüdin. Und so erfüllt sich Stellas Wunsch nach Berühmtheit auf denkbar schrecklichste Weise. Ganz Berlin kennt die tüchtigste Greiferin der Gestapo, das berüchtigte „Blonde Gespenst vom Kurfürstendamm“ – mehr als 300 untergetauchte Menschen soll sie im Dienste der Gestapo aufgespürt und damit in den sicheren Tod geschickt haben, so lautete die Anklage, als sie 35-jährig vor einem bundesdeutschen Gericht steht…

Stella Goldschlags Biographie ist eine sehr deutsche Karriere. Und so ist Stella auch ein sehr deutsches Stück Musiktheater geworden, das sich lustvoll böse aus unserer musikalischen Vergangenheit bedient. Von der Spätromantik bis zum Chanson, von Arnold Schönberg bis zum Dreißiger-Jahre-Schlager spannt sich der Soundtrack dieses UFA-Films, der nie gedreht wurde.

Homepage Neuköllner Oper [https://www.neukoellneroper.de/performance/stella/], abgerufen 11. Oktober 2022.

 

 

 

Kritiken

 
"Sie war Jüdin, Gestapo-Agentin und jetzt ist sie Musical: Stella Goldschlag, weit über Berlin hinaus bekannt als das 'blonde Gespenst vom Kurfürstendamm'. 'Greifer' wurden solche Kollaborateure genannt, die darauf spezialisiert waren, ihre untergetauchten Glaubensgenossen ans Messer zu liefern. Und die berüchtigste Greiferin haben Komponist Wolfgang Böhmer und Autor Peter Lund jetzt zur Heldin ihres 'deutschen Singspiels' an der Neuköllner Oper gemacht.

[...] Diesmal dient als Bühne ein rechteckiger Kasten, der den Saal in zwei Hälften teilt. Unten ist er ringsum mit spiegelnder Folie beklebt, in der sich das Publikum beim Wedeln mit den ausgeteilten Fächern betrachten kann, oben ist er mit weißen Projektionsflächen bedeckt. Merke: Selbstreflektion ist angesagt. Die Spiegel-Didaktik ist auch bei zeitgenössischen Denkmälern beliebt, wenn es um die Opfer des Holocaust geht. Später wird die Aufforderung, Stella Goldschlags Geschick persönlich zu nehmen, von den Darstellern auch ganz direkt ans Publikum gerichtet. Aber das ist schon die einzige Überdeutlichkeit, die in „Stella“ vorkommt. Ansonsten macht Lund aus der schönen, jungen Sängerin weder ein Opfer noch eine Täterin, sondern einen verhinderten Star.

[...] Klar, dass sich die Genrezitate der 30er und 40er auch musikalisch niederschlagen – auf lässige, fließende Weise. Comedian Harmonists, Chanson, Marsch, Walzer, Ragtime, Swing, Volkslied, Synagogalgesang, alles drin und mit sphärischen Querflöten- und Vibraphon-Akzenten atmosphärisch orchestriert. Gekonnt illustriert die siebenköpfige Band auch immer wieder längere Dialogpassagen. Von denen gibt es in der zweiten, erzählerisch düstereren und musikalisch weniger furiosen Hälfte dann zu viel."

Gunda Bartels: "Stella" an der Neuköllner Oper Berlin: Das blonde Böse. Auf Verrat steht Musical: Die Neuköllner Oper erzählt die Geschichte der jüdischen Gestapo-Agentin Stella Goldschlag. In: Der Tagesspiegel (Berlin), 24. Juni 2006.

 

 

"Das entscheidende Manko der Aufführung ist die Charakter-Kontur von Stella Goldschlag. Sie präsentiert sich eher sympathisch, ein blonder Vamp, lasziv, kokett und kommunikativ. Sie springt zwischen den Zeitebenen virtuos hin und her, beklagt sich als Opfer und gibt sich äußerst selbstgefällig, pendelt von infantiler Monroe-Marotte zum kessen Charme einer Marika Rökk und der androgynen Attitüde einer Marlene Dietrich. [...] Die Fallhöhe der historischen Person bleibt indes weitgehend ohne Profil, obwohl die hinreißende Frederike Haas in der Titelrolle alles versucht, um die Ambivalenz der Gestapo-Greiferin auszuhorchen.

[...] Martin G. Berger inszeniert 'Stella' als hitziges Spektakel über eine abgründig naive, egomanische, berechnende Frau. Manche Szenen brennen sich ein, vor allem, wenn getanzt wird.

Autor Peter Lund hat schon deutlich geschliffenere Stücke geliefert, zuletzt seinen letztjährigen, preisgekrönten Erfolg 'Grimm'. Dieses Mal wirken die Wortkonstruktionen manchmal plump, schlingern gar ins Geschmacklose, unter anderem im Song über die Judentransporte ins Konzentrationslager. Mehr Stilsicherheit beweist Wolfgang Böhmer. Er zitiert in diesem als 'Singspiel' bezeichneten Werk den Rhythmus jener Zeit, lässt es swingen, walzern und marschieren, fächert ein musikalisch eingängiges Spektrum von Chanson bis Synagogengesang auf [...]."

Heinz-Jürgen Rickert: Stella. Die jüdische Gestapo-Kollaborateurin Stella Goldschlag als Titelheldin eines neuen "Singspiels".In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft Heft 180, August/September 2016, Seite 6-7.

 

 

"Die Inszenierung von Martin G. Berger ist wie schon bei anderen Stücken (u.a. 'Grey Gardens' in der Villa Elisabeth in Berlin) eher eine Installation anstatt einer theatralen Vorführung eines Stückes. Durch den Einsatz des zentralen Bühnenelements, den Live-Projektionen, welche durch Ausschnitte alter Revuefilme und Nachrichten ergänzt werden, den verschiebbaren Wänden und der Lichttechnik fühlt man sich als Teil der Inszenierung.

[...] Gekleidet in schwarzen Anzügen, sind die Herren teilweise auch als Chor im Stil der 'Comedian Harmonists' zu hören, passend zu der Zeit, in der das Stück spielt. Dabei entfaltet die Musik von Wolfgang Böhmer oft eine unterschwellige Wirkung, was auch daran liegen könnte, dass die Installations-Inszenierung durch Martin G. Berger insgesamt stark im Vordergrund steht und die Musik etwas 'untergräbt'.

[...] 'Stella' ist ein musikalisch düsteres Stück Musiktheater, das betroffen macht. Ob diese Art von Inszenierung dem Verständnis der Geschichte jedoch wirklich förderlich ist, muss jeder für sich selbst entscheiden."

Juliane Blume: Ich bin keine Jüdin, ich bin Deutsche. Uraufführung von "Stella" in der Neuköllner Oper Berlin. In: blickpunkt musical, Ausgabe 83, 04/2016 Juli - September 2016, Seite 12-13.

 

 

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Stella. Das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm". Original Cast Berlin, 2016. Alive Ag. (1xCD).

 

Literatur

  • Peter Wyden: Stella Goldschlag. Eine wahre Geschichte. Übersetzt von Ilse Strasmann. Steidl, Göttingen, Neuauflage 2019.

 

 

 

Kommentar

 
Für den Deutschen Musicaltheater Preis 2016 war das Musical „Stella“ der Neuköllner Oper Berlin insgesamt neunmal nominiert. In sechs Kategorien ging es als Gewinner hervor. Das Musical gewann in den Kategorien Beste Komposition (Wolfgang Böhmer), Bestes Buch (Peter Lund), Beste Liedtexte (Peter Lund), Beste Regie (Martin G. Berger), Beste Darstellerin in einer Hauptrolle (Frederike Haas) und wurde zudem als Bestes Musical ausgezeichnet.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Stella. Das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 22. Juli 2022.