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Prinz von Preußen

Musical


Musik von Dieter Brand und Harry Sander  
Arrangements von Joachim Gocht
Text von Helmut Bez und Jürgen Degenhardt 
Gesangstexte von Jürgen Degenhardt

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 9. April 1978 
Städtische Bühnen, Erfurt, DDR

  • Musikalische Leitung: Manfred Fabricius
  • Regie: Joachim Franke
  • Bühnenbild: Siegfried Bach
  • Kostüme: Inge Laube
  • Choreographie: Sigrid Trittmacher-Koch
  • Chöre: Manfred Jaeckel

 

Besetzung:  

  • Harry: Falk Girod
  • Max: Jürgen Wald
  • Lily van Breek: Gisela Galander
  • Waldemar von Brosig: Camillo Grünheid
  • Mrs. Ellinor Walcott: Marga Zorn
  • Mimi: Hannelore Dolge
  • Strebsam, Hoteldirektor: Karlheinz Dolge
  • von Maltzahn: Rudolf Stubbe
  • Reichswehroberst: Karl Haustein
  • Frieda, Zeitungsfrau: Ilse Dittmar
  • Kriminalkommissar: Harry Dalgas / Peter Schulte-Overbeck
  • Fräulein Amanda von Brause: Johanna Hentrich / Anita Jäckel
  • Exzellenz Helene von Liebenstein: Renate Fröde / Karin Wegwerth
  • Freifrau von Wahnstein: Margot Richter / Gertraude Schreck
  • Kellner: Rolf Kutzner
  • Kriminalbeamter: Rolf Mannfeld / Hans-Joachim Recknagel
  • Penner / Arbeitslose / käufliche Mädchen / Polizisten / Hotelpersonal / Hotel- und Schloßgäste / Mannequins / Diener: Chor und Ballett der Städtischen Bühnen Erfurt

 

 

Prinz von Preussen programm

Cover des Programmhefts

 

 

Premierenchronik

DDR UA 9. April 1978 Städtische Bühnen, Erfurt
D EA 23. September 2023 Gerhart-Hauptmann-Theater, Große Bühne Zittau

 

 

 

Inhaltsangabe

 

1923 in Berlin, fünf Jahre nach Absetzung des deutschen Kaisers und Ausrufung der Republik: Harry, ein armer junger Mann aus dem Baltikum trifft am Anhalter Bahnhof ein. Er lernt einen Baron Maximilian Lüttwitz kennen, der eigentlich Max Lütt heißt, der ihn bewegen will, ebenfalls als Hochstabler seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch Harry will nicht ins kriminelle Milieu herabsinken. Gleichwohl entgeht er einer Verhaftung bei einer polizeilichen Razzia nur dadurch, dass er sich als Baron von Korff ausgibt. Als Adeliger ist er gleichsam naturgemäß ehrbar. Die positive Erfahrung motiviert ihn, sich auch künftig als Adliger auszugeben.

Drei Jahr später befindet sich Harry in einem Nobelhotel und wird dort - entgegen seiner Angabe, Baron von Korff zu sein - vom Direktor Strebsam als Enkel des abgesetzten Kaisers Wilhelm II. identifiziert. Lily ist im Foyer anwesend, in die sich Harry verliebt hat. Ihr gegenüber will er nicht fragwürdig erscheinen und bestätigt daher die Annahme des Direktors. Voller Begeisterung informiert Strebsam die Öffentlichkeit.

Harry wird auf die Burg Bruchstein eingeladen. Dort veranstaltet der Hausherr ein Fest, auf dem zahllose Adelige erscheinen, um den vermeintlichen Hohenzollernsproß zu ehren. Höhepunkt ist das Auftauchen des Hellsehers Mephisto, der sich als niemand Anderes als Max Lütt erweist. Er bestätigt Harrys vermeintliche Identität zur Freude aller Anwesenden.

Doch auf Dauer will Harry das heikle Spiel nicht durchhalten. Er teilt Lily daher seine eigentliche Herkunft mit. Sie rät ihm daraufhin, sich ins Ausland abzusetzen, sie würde ihm folgen. Er befolgt ihren Rat. Vor ihrer Abreise sorgt Lily noch dafür, dass die wahre Identität von Harry öffentlich bekannt wird. Die Anhänger der früheren Monarchie werden kräftig lächerlich gemacht. Dennoch wird die Fürstensuite im Hotel, in dem Harry als Prinz von Preußen entdeckt worden war, weiterhin bereitgehalten für den Fall, dass der Richtige kommt.

(Wolfgang Jansen)

 

 

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v.l.: Jürgen Wald (Max), Gisela Galander (Lily), Falk Girod (Harry)

© Städtische Bühnen Erfurt / Foto: Dietel

 

 

Kritiken

 
"Helmut Bez und Jürgen Degenhardt, die bühnendramatische Unergiebigkeit der Domela-Geschichte wohl spürend, nutzten beim Gestalten des Buches ihren Musical-Erfahrungsschatz und präsentierten dem Pseudoprinzen eine anziehende Modejournalistin als Partnerin. Die daraus gewonnene Liebesstory verliert sich am Schluß leider mit Domelas Flucht etwas ins Nebulöse.

[...] Auf der Bühne ist Harrys Karriere in folgenden Etappen zu erleben: ´Reichsfremder´ Deutscher aus dem Baltikum befindet sich auf Arbeitssuche in Berlin, im Wartesaal IV. Klasse begegnet er Arbeitslosen und Arbeitsscheuen - zum ´Baron von Korff´ hochgestapelt, wird er in einem Erfurter Hotel für den Enkel des deutschen Ex-Kaisers Wilhelm II. gehalten - ´Königliche Hoheit´ genießt den Rummel des thüringischen Adels als Gast auf von Brosigs ´Burg Bruchstein´ - Harrys edler Charakter und seine Liebe zu Lily bewegen ihn, ihr gegenüber Farbe zu bekennen, das angekündigte Eintreffen des echten Kaiserenkels zwingt ihn zur Flucht, Lily enthüllt den Kaisertreuen den wahren Sachverhalt.

[...] An der organisch-füllig arrangierten Musik sind gleich drei Autoren beteiligt: Dieter Brand und Harry Sander sowie, als Arrangeur, Joachim Gocht. Sie bevorzugen harmonisch und melodisch einen konservativen Modestil und bauen gekonnt vor allem auf Altbewährtes wie Marsch, Walzer, Chanson und (Opern-)Zitat. Ihre Musik besitzt dabei durchaus oft animierende Frische, vermag aber nicht tiefer zu beeinducken, dazu fehlt ihr das eigenständige Profil."

Dietmar Fritzsche: Abenteuer und Genies, Ur- und erstaufgeführte Musicals. In: Theater der Zeit, Heft 6/1978, Seite 27-28.

 

"Die Inszenierung (Joachim Franke), die auf historische Klarheit, auf die ´Bloßstellung gesellschaftlicher und politischer Mißstände´ (Programmheft) und auf konsequente Entwicklung der Figuren gerichtet sein sollte, macht einen stilistisch brüchigen Eindruck: Demonstrierende, realistische und satirische Spielweisen werden nebeneinander und ohne genügend Motivation eingesetzt. Der Regisseur versucht, Witz und Charme, Ernst und Ulk, Melancholie und Unbekümmertheit, süßliche Sentimentalität und ordinäre Wildheit auf einen Musical-Nenner zu bringen. Die divergierenden Spielkonzeptionen der einzelnen Darsteller verhindern das weitgehend.

Szenisch entwickelt sich die Inszenierung stellenweise routiniert-spritzig, aber überdehnte, schwach pointierte Dialoge, sentimentale Liebesduette und die Magerkeit der Handlung bringen das Geschehen immer wieder fast zum Stehen. Unverständlicherweise verzichtet Siegfried Bach in seinem Bühnenbild ganz auf Erfurter Lokalkolorit. [...]

Die Musik von Dieter Brand und Harry Sander erinnern in Melodik und Harmonik an bewährte Broadway-Produktionen. Eingestreute musikalische Illustrationen wirken aufgesetzt, funktionslos. Die Begrüßung des Prinzen im Ahnensaal mit einer Verbalhornung von Wagners Tannhäusermusik war zur Charakterisierung teutonisch-nationalistischen Personenkults ein amüsanter Einfall.

Das Orchester unter der Leitung von Manfred Fabricius spielte im Sinne gängiger Musical-Klischees ungebrochen sentimental und zeitweise so laut, daß vom Gesang kaum noch etwas oder nichts mehr zu verstehen war. Das Ballett tanzte und sang unbekümmert und ausgelassen."

O.P.: "Gewogen" und zu leicht befunden, Zur Uraufführung des "Prinzen von Preußen" in Erfurt - Gemächlich dahinfließendes Musical. In: Thüringer Tageblatt, 15. April 1978.

 

"Die Verfasser des Musicals verzichten auf eine genau Ortsbezeichnung, schildern aber die damals in ganz Deutschland und im Ausland von den fortschrittlichen Kräften ironisch kritisierte ´Story aus dem Leben´ in ihren Grundzügen. Nur scheint mir die Verknüpfung dieser Fakten mit einer erfundenen Liebesgeschichte um diesen ´falschen Prinzen´ eine unnötige Konzession an herkömmliche Operettenklischees. Vielleicht sollte uns auf diese Weise das Spielchen, das der Harry mit den subalternen und ´kaisertreuen´ Geistern seiner Zeit treibt, noch sympathischer gemacht, dem Hochstapler selbst der Anflug des Kriminellen völlig genommen werden. Doch wozu das? Ein Mann dieses Schlages, der den ´Großkopfigen´ jener Zeit eins auszuwischen verstand, hat uns von vornherein auf seiner Seite, wie ehedem der Schuster Wilhelm Voigt als Hauptmann von Köpenick. So sind einerseits in dem Textbuch aus der Handlungskonzeption wirkungsvolle satirische Elemente vorhanden, doch werden sie anderenteils wieder entschärft.

Die Musik von dem Komponistengespann Dieter Brand und Harry Sander wirkt im Arrangement von Joachim Gocht eingängig, aber ohne besonderes Profil. Das geht gefällig ins Ohr, doch bleibt kaum haften."

KHF: "Köpenickiade" in einer Neuauflage, "Prinz von Preußen" - Musical-Uraufführung im Erfurter Opernhaus. In: Das Volk, 24. April 1978.

 

 

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V.l.: Marga Zorn (Mrs. Walcott), Hannelore Dolge (Mimi), Gisela Galander (Lily), Camillo Grünheid (Waldemar), Jürgen Wald (Max), Ensemble

© Städtische Bühnen Erfurt / Foto: Dietel

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Harry Domela: Der falsche Prinz, Leben und Abenteuer, Im Gefängnis zu Köln von ihm selbst geschrieben. Berlin: Malik 1927.

 

 

 

Kommentar

 

"Prinz von Preußen" entstand im Auftrag der Städtischen Bühnen Erfurt.

 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Prinz von Preußen". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 16. November 2022.