Pferd frisst Hut
Musikalische Komödie
Musik von Herbert Grönemeyer
Arrangements von Thomas Meadowcroft
Text von Sabrina Zwach
nach Eugène Labiches Komödie "Ein Florentinerhut"
Inszenierung
Uraufführung: 4. November 2023
Theater (Oper), Basel, Schweiz
- Musikalische Leitung: Thomas Wise / Christian Rombach
- Regie & Bühnenbild: Herbert Fritsch
- Kostüme: Geraldine Arnold
- Chöre: Michael Clark
- Lichtdesign: Cornelius Hunziker
Besetzung:
- Fadinard: Christopher Nell
- Nonancourt: Hubert Wild
- Emile Tavernier: Florian Anderer
- Vezinet: Gottfried Breitfuss
- Tardiveau / Beauperthuis: Raphael Clamer / Klaus Brömmelmeier
- Clara: Sarah Bauerett
- Baroninnen von Champigny: Florian Anderer, Gottfried Breitfuss
- Bobin: Jasmin Etezadzadeh
- Anais: Nanny Friebel
- Felix: Julius Engelbracht
- Maurice: Jonathan Fink
- Hélène: Cécilia Roumi
- Virginie: Emily Dilewski
Ensemble © Theater Basel / Foto: Thomas Aurin |
Premierenchronik
CH | UA | 4. November 2023 | Oper, Basel |
D | EA | 11. September 2024 | Kraftzentrale, Landschaftspark Duisburg-Nord |
Bemerkung: Die Deutsche Erstaufführung fand in Form eines Gastspiels der Oper Basel anlässlich der Ruhrtrienale 2024 statt.
Inhaltsangabe
"Das Pferd des reichen Müssiggängers Fadinard hat den Florentinerhut von Madame Beauperthuis aufgefressen. Nicht weiter schlimm? Sehr schlimm! Denn wenn Madame ohne Hut nach Hause kommt, erfährt ihr eifersüchtiger Gatte von ihrem heimlichen Techtelmechtel mit einem Polizisten. So rast Fadinard ausgerechnet am Tag seiner Hochzeit auf der Suche nach einem Ersatzhut durch ganz Paris."
(aus: Website des Theater Basel, 2023)
Jasmin Etezadzadeh (als Bobin), Cécilia Roumi (als Hélène), Christopher Nell (als Fadinard) © Theater Basel / Foto: Thomas Aurin |
Kritiken
"Der Bühnenvorhang ist noch unten: Da macht die Ouvertüre schon klar: Den typischen Grönemeyer-Sound - oder das, was man gemeinhin dafür hält - gibt es in 'Pferd frisst Hut!' zumindest nicht durchgängig zu hören. Dafür einen bunten Mischmasch aus Broadway, Disney, Rossini – ein bisschen Oper, ein bisschen Operette, ein bisschen Filmmusik – gespielt vom Sinfonieorchester Basel. Ohne Bass, ohne Schlagzeug.
[...] Herbert Grönemeyer hat für 'Pferd frisst Hut' 16 Lieder komponiert. Dazu kommen Instrumentalstücke. Für die Proben war er mehrere Wochen lang in Basel, er sagt, bis zuletzt hätten Regisseur Herbert Fritsch und er gestrichen, gefeilt, angepasst. Die größte Herausforderung sei es gewesen, den richtigen Rhythmus zu finden zwischen der enorm schnellen Handlung und der Musik. Diese soll bewusst für Ruheinseln sorgen.
Auch die Texte für fast alle Lieder hat Grönemeyer verfasst. Diese bringen die Dinge oft sehr deutlich auf den Punkt. Etwa wenn die verkaterte Braut Hélène singt 'Das Hirn verfilzt / ein wirrer Knoten / Der Magen glüht / Das Würgen kämpft'. Oder wenn es im Lied 'Von der Ehe' heißt: 'Sie gehen jetzt in die Ehe / Sie gehen jetzt in ihr Ehebett / Es kocht die knisternde Nähe / Es knistert leise das Kochduett.'
Grönemeyers musikalische Komödie wird von veritablen Opernsängerinnen und -sängern und Schauspielenden auf der Bühne umgesetzt. Es gibt Momente, da blitzt auch ein bisschen der klassische Grönemeyer-Sound samt Text durch. 'Pferd frisst Hut' ist dank hervorragender Darsteller und guter Regieeinfälle stellenweise urkomisch. Freunde klassischer Musik kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Dafür sorgen nicht zuletzt Solisten, Sinfonieorchester und Chor. Die Handlung läuft sich allerdings recht schnell tot."
Sandra Biegger: Herbert Grönemeyers Musical "Pferd frisst Hut" in Basel. In: NDR Kultur, 6. November 2023.
"Die Basler Theater bringen den genialen Schwank als Musical auf die Bühne und nennen die Inszenierung von Herbert Fritsch eine Oper. Die Musik ist von Herbert Grönemeyer, der bekanntlich über große Theatererfahrung verfügt. 'Sie ist von heute, alles neu komponiert', hat Grönemeyer zur 'Süddeutschen Zeitung' gesagt. Es war seine Antwort auf die Frage, ob der 'Florentinerhut' nicht etwas 'altbacken' daherkomme: 'Herbert Fritsch hat das Stück entstaubt. Da bleibt nicht viel Historisches.' Eine Art 'Highspeed-Theater ohne tieferen Gegenwartsbezug, der in diesem Rahmen kaum machbar ist', sollte es werden. Darin waren sich Komponist, der Regisseur der szenischen Adaption 'nach' Eugène Labiche und der Arrangeur von Grönemeyers Musik einig.
Doch von Highspeed keine Spur. Das Pferd, das im Park von Vincennes beim Müßiggang seines Besitzers Fadinard den mit Blumen besetzten italienischen Strohhut gefressen hat, dreht auf der Bühne ein paar Runden. Der Einstieg ist eher mühsam. [...] Nicht alle szenischen Gags sind gelungen, aber der Text überzeugt mit Wendungen wie der 'Hut Couture' durch seinen Wortwitz. Das zunächst eher befremdliche Zusammenspiel von gesprochener und gesungener Sprache wird indes immer überzeugender und macht aus der Bearbeitung ein vergnügliches und intelligentes Gesamtwerk, dessen Soli genauso berauschen wie die Auftritte des Chors. Die antiquierte Frivolität des bourgeoisen Boulevards wird ohne billige Konzession an den Zeitgeist entsorgt. Eine Prise Sex-Appeal ist dabei und der Schwiegerväter ein oller Trottel vom Land. Das Spiel mit den Klischees und ihren Karikaturen mündet in ein kühnes Finale. Das Stück endet mit dem Chaos unserer Gegenwart: jede gegen jeden, alle gegen alle. Ausgelöst wird er durch die Handgreiflichkeit zweier Frauen, der verlassenen und der versprochenen. Doch im Gegensatz zur Vorlage bei Eugène Labiche wird die Hochzeitsgesellschaft nicht von einem Einsatz der Polizei, die alle abführt, aufgelöst."
Jürg Altwegg: Der Tiefgang kommt von ganz allein, Herbert Grönemeyer möbelt mit seiner Musik einen genialen alten Schwank zum Musical auf. "Pferd frisst Hut“ ist eine vergnügliche und intelligente Wiederbelebung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. November 2023.
"Der Titel „Pferd frisst Hut', bringt die Vorgeschichte auf den Kalauerpunkt und liefert das erste Bild zur Ouvertüre. Die klingt noch bewusst großformatig. Der Bühnenraum, in dem dann die Jagd nach einem Ersatzhut beginnt (und der wie immer auch vom Regisseur stammt), ist bunt und schief, hat 10 Türen und eine Drehtür im Zentrum oberhalb einer gelben Treppe.
[...] Und das entfesseln Fritsch, Grönemeyer und die fabelhafte Crew samt Chor nach Kräften. Wenn die unter die etwas lang geratenen gesprochenen Passagen gemischten Songs direkt nach Grönemeyer klingen (wie bei Christopher Nells Fadinard und bei Sarah Bauerett als seiner rau röhrenden, Hüte machenden Ex Clara) ist es eine wahre Freude. Bei den eher im gängigen Musicalsound daherkommenden Songs ist es vor allem die ironische Überspitzung in die Fritsch seine Interpreten treibt, die die Nummern eine rettende Handbreit über den Reim-dich-oder-ich-schlag- dich-Klippen der Grönemeyertexte schweben lassen. Für sich genommen wären die meisten Bum-bum-bum oder La-la-la gerahmten Sprüche als Songlyrik nur schwer auszuhalten. Weil sie aber allesamt eine so perfekte Nonsenssohle aufs Parkett legen, muss man in den etwas überlangen drei Stunden selbst über Klassiker herzlich lachen."
Joachim Lange: Auf der Jagd nach dem Hut, Eugène Labiche: Pferd frisst Hut. In: Deutsche Bühne, 5. November 2023 [https://www.die-deutsche-buehne.de/kritiken/auf-der-jagd-nach-dem-hut/], aufgerufen 4. Januar 2023.
Gottfried Breitfuss (als Vezinet), Cécilia Roumi (als Héléne), Christopher Nell (als Fadinard), Hubert Wild (als Nonancourt) © Theater Basel / Foto: Thomas Aurin |
Medien / Publikationen
Literatur
- Eugène Labiche: Ein Florentinerhut. Schwank. Übersetzung von Tilly Bergner, Bühnenmanuskript, Berlin (DDR): Henschel 1967.
Kommentar
Die Inszenierung "Pferd frisst Hut" ist eine Koproduktion des Theaters Basel mit der Komischen Oper Berlin.
Die Urfassung der Adaption von Labiches Schwank "Ein Florentinerhut" kam 2009 unter dem Titel "Pferd frisst Hut" im Theater Oberhausen heraus. Die Übersetzung und Bearbeitung der Vorlage schrieb Sabrina Zwach, die Musik verfassten Otto Beatus und Ingo Günther. Die Uraufführung der "Musikalischen Komödie" fand am 18. September 2009 statt. In Basel erfolgte somit nur die Uraufführung einer neuen Musik.
Empfohlene Zitierweise
"Pferd frisst Hut". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 11. Februar 2024.