Die Nacht ist mein Tag
Blues-Drama
Musik von Miloš Vacek
Text von Ivo Havlu & Josef Pavec
Deutsche Übersetzung von Edi Weeber-Fried
Inszenierung
Uraufführung: 15. März 1964
Kleist-Theater, Frankfurt, DDR
- Musikalische Leitung: Manfred Rosenberg
- Regie: Günter Klingner
- Ausstattung: Günter Altmann
Besetzung:
- Bessie Blake (Darstellerin): Barbara Dubinsky
- Bessie Blake (Gesang, synchr.): Ingeborg Kollmann
- Larry Stone: Klaus Gehrke
- Carol: Clara Widmer
- Arzt: Heinz Viehrig
- Gordon Stone: Sigurd Schulz
- Tony McKay: Gert Hänsch
- Pilot: Günter Gabriel
- Dr. Miller: Paul Böttcher
- Krankenschwester: Monika Plötner-Tewes
- [ohne Rollenbezeichnung]: Egon Braunes
Premierenchronik
DDR | UA | 15. März 1964 | Kleist-Theater, Frankfurt |
Anmerkung: Die eigenständige Frankfurter Uraufführung basiert auf der Rundfunkversion "Noc je můj den", die 1962 vom tschechischen Radio erstausgestrahlt wurde.
Inhaltsangabe
Bessie Blake (basierend auf die Blues-Sängerin Bessie Smith) wird nach einer Attacke schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert, welches aber ihre Aufnahme, vorallem die dringend benötigte Bluttranfusion, verweigert, weil dieses Hospital in den Südstaaten der USA nur weiße Patienten aufnimmt. Bessie stirbt. Für den Anschlag verdächtigt man den Journalisten Tony McKay. Das Publikum im Theater aber weiß, dass es Bessies Manager Gordon Stone war, der befürchtete, die Bluessängerin würde sein Management verlassen.
Klaus Baberg
Kritiken
"Zwar ist das "Durchbrechen der herkömmlichen Genregrenzen" nicht neu, aber bisher wurde es fast ausschließlich in den Bereichen der seichteren Unterhaltung versucht. Daß es auch anders geht, beweist die von Intendant Günter Klingner besorgte Inszenierung des Kleist-Theaters, die ein exaktes Zusammenwirken von Darstellern, Orchester und Technik erfordert, da auf einer Stilbühne mit Projektion auf drei Bildwänden gearbeitet wird; die Verwandlung erfolgt auf offener Szene. Zudem wird die Gesangsstimme der Bessie "synchronisiert".
[...] Ein großer Theaterabend, eine Inszenierung, der man starke Resonanzen wünscht!"
-tc-: Anklage gegen Rassenhaß. Zur Uraufführung des Blues-Dramas 'Die Nacht ist mein Tag" am Kleist-Theater. In: Der Morgen, Zentralorgan der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands, 22. März 1964.
"Der Übersetzer Edi Weeber-Fried, vor allem aber die eigene Frankfurter Bearbeitung haben Libretto und Musik stark auf das Wesentliche reduziert und einige seichte, unserer Mentalität nicht entsprechende Stellen geändert. Das kommt dem Stück sehr zugute. Trotzdem lassen sich viele Plattheiten im Text und hölzerne, für Schauspieler schwer zu sprechende Formulierungen nicht übersehen.
Neu und in unserem Sprachschatz bisher unbekannt ist auch die Bezeichnung "Blues-Drama". Dieser Untertitel und der Inhalt des Librettos umreißen klar die Hauptfunktion der Musik. Leider entspricht ihr die Musik von Milos Vacek nicht. Der Komponist meint dazu, daß es ihm nicht auf die Nachahmung originaler Blues ankam, sondern auf eine künstlerische Transponierung. Auch das ist ihm nicht gelungen.
[...] Neu, interessant und im besten Sinne spannend ist die Form der Rückblende und das Zussammenwirken von Schauspielern, Sängern, Orchester, Chor und Ballett. Besonders in den Traumszenen unterstützen sich die verschiedenen Formen gut und verschmelzen zu einer Einheit.
[...] Trotz der Schwächen des Stücks und der Einwände ist das Blues-Drama eine interessante Inszenierung, die Beifall verdient, weil sie alte ausgefahrene Gleise des Theaters verläßt und neue publikumswirksame Wege beschreitet und sichtbar macht."
Renate Köfer: Neues in vielerlei Hinsicht. Zur Uraufführung des Blues-Dramas 'Die Nacht ist mein Tag' von Milos Vacek, Ivo Havlu und Josef Pavek im Kleist-Theater. In: Neuer Tag, Organ der Bezirksleitung der SED Frankfurt (Oder) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, 21./22. März 1964.
"Vaceks Musik vermeidet jede negrofolkloristische Imitation, bekennt sich leider in keiner Phase zum Jazz. So gründet sich auch der sensationelle Aufstieg der Bessie Blake zur großen Blues-Interpretin nicht auf Blues, sondern auf mehr oder weniger sentimentalem Lied oder gar neckischem Charleston. Und auch die perfekte Instrumentation kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß über weite Strecken sehr vordergründig musiziert wird.
[...] Günter Klingner hat das Stück (nach einer Übersetzung von Edi Weeber-Fried) in einer hauseigenen Fassung (die straff und einige Sentimentalismen geschickt umgeht) geschmackvoll und modern inszeniert. Drei Projektionsflächen, vielfältig kombiniert und eingesetzt, unterstützten und kommentierten die Handlung. [...] Lob dem Orchester unter Manfred Rosenberg, das die schwierige Partitur meisterte. Weniger überzeugen konnten Davids Negerkapelle auf der Bühne und die von der Partie überforderte Ingeborg Kollmann, die der Bessie play-back ihre Stimme gab. Dargestellt wurde Bessie von der Schauspielerin Barbara Dubinsky. Sie zeigte die bescheiden gebliebene und doch selbstbewußte, ein wenig in sich gekehrte Sängerin, die Reklamerummel nicht ihre schwarzen Brüder vergessen ließ - die reifste Leistung des Abends."
Hans-Gerald Otto: Die Nacht ist mein Tag. In: Theater der Zeit, Heft 6/1964, Seite 32-33.
Medien / Publikationen
- Wolfgang Jansen (Ed.): Popular Music Theatre under Socialism. Operettas and Musicals in the Eastern European States 1945 to 1990. Hier: Wolfgang Jansen: From Trembita (1952) to The King David Report (1989). Operettas an musicals from European socialistic countries in the repertoire of the GDR. Populäre Kultur und Musik, Waxmann Verlag Münster / New York, 2020, Seite 157-158
Kommentar
Da das Programmheft zur Uraufführung nicht vorliegt wurden die Informationen den seinerzeitigen Medien entnommen. Zu einem späteren Zeitpunkt können die Daten ergänzt oder erweitert werden.
Empfohlene Zitierweise
"Die Nacht ist mein Tag". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 5. Februar 2024.