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Leonce und Lena

Ein Lustspiel


Musik von Herbert Grönemeyer 
Zusätzliche Musik von Alfred Kritzer / Hans-Jörn Brandenburg / Alex Silva
Liedtexte von Herbert Grönemeyer und Arezu Weitholz 
Buch von Georg Büchner

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 1. Mai 2003 
Theater am Schiffbauerdamm (Berliner Ensemble), Berlin, Bunderepublik Deutschland

  • Regie, Bühne, Lichtkonzept: Robert Wilson
  • Musikalische Leitung: Hans-Jörn Brandenburg / Stefan Rager
  • Musikalische Arrangements: Herbert Grönemeyer / Alfred Kritzer / Alex Silva
  • Kostüme: Jacques Reynaud
  • Mitarbeit Regie: Ann-Christin Rommen
  • Mitarbeit Bühne: Serge von Arx
  • Mitarbeit Kostüme: Yashi Tabassomi
  • Licht: Andreas Fuchs
  • Klänge, Geräusche, Atmosphäre: Arno Jiri P. Kraehahn
  • Akustische Einrichtung: Alex Silva

 

Besetzung:  

  • König Peter: Walter Schmidinger
  • Prince Leonce: Markus Meyer
  • Prinzessin Lena: Nina Hoss
  • Valerio: Stefan Kurt
  • Die Gouvernante: Angela Schmidt
  • Der Hofmeister: Norbert Stöß
  • Der Präsident des Staatsrates: Gerd Kunath
  • Zeremonienmeister: Axel Werner
  • Hofprediger: Michael Rothmann
  • Landrat: Rainer Philippi
  • Schulmeister: Stephan Baumecker
  • Rosetta: Ursula Höpfner
  • Zwei Kammerdiener: Philippe Graber / Dirk Ossig
  • Zwei Bediente: Henning Hertmann / Georgios Tsivanoglou
  • Bauern: Mareile Blendl / Anke Engelmann / Oliver Urbanski / Michael Kinkel / Detlef Lutz / Mathias Kopetzki / Elmar Nettekoven
  • Hofdamen: Maike Droste / Ruth Glöss / Eva-Maria Hofmann
  • Orchester "Büchners Erben"

 

 

 

Premierenchronik

D UA 1. Mai 2003 Theater am Schiffbauerdamm (Berliner Ensemble), Berlin

 

Anmerkung: Die Uraufführung Georg Büchners "Leonce und Lena" fand am 31. Mai 1895 in einer Freilichtaufführung des Münchner Theatervereins "Intimes Theater" statt.

 

 

 

Inhaltsangabe


"Ort der Handlung ist das Reich Popo, gleich neben Pipi. Das poetische Luftschloss handelt vom zynischen Prinzen Leonce, der vom Leben gelangweilt ist und mit dem kalauernden Nichtsnutz Valerio fortläuft, um sich vor der Heirat mit Prinzessin Lena zu drücken. Auch sie leidet an Lebensüberdruss, die beiden treffen sich auf der Flucht, verlieben sich unerkannt und entdecken erst bei der Heirat, wer sie wirklich sind."

Angela Reinhardt: Leonce und Lena. Fast zu schön, um wahr zu sein. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 101, Juni/Juli 2003, Seite 78.

 

 

 

 

Kritiken

 
"Avantgarde-Regisseur Bob Wilson hat scheinbar sein Verfallsdatum erreicht, Herbert Grönemeyer geht einem sowieso auf die Nerven, und jetzt toben sich beide am ehrwürdigen Berliner Ensemble aus, das unter der Leitung des ehemaligen Burgtheater-Chefs Claus Peymann steht. Die erste Schauspielbühne des Bundeshauptstadt spielt Musical - da wendet sich das Feuilleton mit Grausen ab. Was für das National Theatre in London gilt, muss doch hier bitte nicht sein.

[...] Büchners Happy End ist durchaus zweideutig, so wie das gesamte Stück mit ganz undeutscher Heiterkeit Volkstheater-Späße aus der Commedia dell'Arte, ironische Kommentare zur damaligen Literatur und die reine Lyrik großen Welttheaters vereinigt. Und exakt letzteres macht Regisseur und Bühnenbildner Bob Wilson daraus: einen großartigen Theaterabend aus Parodie und Poesie, der perfekt ausgeklügelt und bis in die Krümmung jedes Fingers choreografiert ist und doch seine gesamten, pausenlosen zwei Stunden lang wie hingetupft wirkt.

[...] Herbert Grönemeyers Songs - anders als die Tom-Waits- oder Lou-Reed-Nummern in Hamburg werden sie deutsch gesungen - passen mit ihrer fröhlich-absurden Lyrik ganz fabelhaft zu Büchners Dialogen und erinnern doch entfernt an den spezifischen Grönemeyer-Ton, selbst im greinenden Wienerlied des Königs oder in einem traumschönen Duett für Leonce und Lena."

Angela Reinhardt: Leonce und Lena. Fast zu schön, um wahr zu sein. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 101, Juni/Juli 2003, Seite 78.

 

"Das ästhetische System des 62-jährigen Regie-Avantgardisten aus Texas ist seit Jahren etabliert. Auch für diese Aufführung zitiert er aus seinem breiten Repertoire stilisierter Gesten, surreal entrückter Lichtstimmungen und mit dem Ensemble gleichwertig agierenden Kulissen. Die Leistung der Schauspieler aber bleibt individuell so stark, dass die zwei Stunden doch unerwartet spannend und unterhaltsam ausfallen.

[...] Die Musik von Herbert Grönemeyer ist die eigentliche Enttäuschung des Abends. Sie bleibt seltsam undefiniert in ihren Konturen, und dies nicht, weil man als Zuschauer statt eines Musicals ein Grönemeyer-Konzert erwartet hätte. Es wirkt mehr, als wäre die akustische Jacke für die meisten Szenen falsch angepasst. So springt die erste Begegnung von Leonce und Valerio aus Büchners beiläufigem Wortgeplänkel in das schwere Pathos der Ballade "Von Gleichmut gerührt...". Leonces Abschied von seiner Geliebten Rosetta, eine der berührendsten Momente des Stücks, dagegen erhält eine überaus herbe Flamenco-Stimmung. Ausnahmen gibt es auch hier. Das Rap-Thema des Königs und seines Hofstaats ("ich bin a König und ka Herz") hat bösartigen Schmiss, und Nina Hoss macht ohnehin aus allem etwas Hörenswertes. Doch die Wuchtigkeit, mit der die Musik gegen die Rokoko-Eleganz der Inszenierung anrennt, bildet insgesamt keinen prickelnden Kontrast. Während die Schauspieler fein ziseliert die Todessehnsucht ihrer Figuren ausagieren, trompetet es im nächsten Moment aus ihnen oder dem Orchestergraben nur so hervor."

Henrike Thomsen: Todessehnsucht mit Tschingderassabum. Alt-Avantgardist Robert Wilson inszenierte Georg Büchners "Leonce und Lena" am Berliner Ensemble als witzig-bildgewaltige Satire mit herausragenden Darstellern. Einziger Störfaktor: die fast immer unpassende Musik von Herbert Grönemeyer. In: Der Spiegel, 2. Mai 2003.

 

"Es beginnt als Spektakel mit einer ranschmeißerischen Parade. Zu greller, jazzig dröhnender Showmusik einer Band mit dem sinnigen Namen „Büchners Erben“ rennt und zappelt Büchners Komödien-Personal vor dem Vorhang entlang. Dabei ähneln sich in den schrill eleganten Kreationen des Kostümbildners Jacques Reynaud alle Figuren, trotz unterschiedlichster Kostümierung. Denn der Regisseur stellt einen einheitlichen, künstlichen Skurrilitäts-Typus aus. Der erscheint mit weißgeschminktem Gesicht, die Haare hochgestylt zu schräger Tolle, die Gliedmaßen albern abgespreizt, wie die überdrehte Karikatur von Wilhelm Buschs Figuren. Es sind theatralische Zeichenelemente aus Robert Wilsons bekanntem ästhetischem Figurenarsenal, ausgestellt zur Beschmunzelung und Unterhaltung. Was sofort zu Szenenapplaus führt, weil ungemein kunstvoll gebastelt wurde. So wie an der gesamten Inszenierung. Die mit phantasievollen Bühnenbildern prunkt und mit szenisch-optischen Gags verblüfft, und die ihre Figuren immer wieder in farblich wechselndem Licht oder in hell-dunkel-Kontrasten vor uns ausstellt."

Hartmut Krug: Leonce und Lena am Berliner Ensemble. Ein Projekt von Robert Wilson und Herbert Grönemeyer nach Georg Büchner. In: Deutschlandfunk, 2. Mai 2003 (aufgerufen am 29. September 2021).



 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Leonce und Lena". Berliner Ensemble, 2003. Grönland (EMI), 2003. (2xCD).

 

DVD / Video

  • "Leonce und Lena". Aufzeichnung der Ausstrahlung vom Fernsehsender ZDF Theaterkanal am 03.07.2009. [Label unbekannt], 2003 (DVD).

 

Literatur

  • Georg Büchner: Leonce und Lena. Ein Lustspiel. Suhrkamp Verlag; Originalausgabe Edition, 2011.

 

 

Kommentar

 
Obwohl im Programmheft des Berliner Ensembles zu Georg Büchners "Leonce und Lena" als Gattungsbezeichnung 'ein Lustspiel' angegeben ist, erfüllt es mit der von Herbert Grönemeyer speziell dafür komponierten Musik die Aufnahme ins Musicallexikon.

 

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Leonce und Lena". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 29. September 2021.