Dear Evan Hansen
Musical
Musik und Gesangstexte von Benj Pasek & Justin Paul
Buch von Steven Levenson
Deutsche Übersetzung von Nina Schneider
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 22. März 2024
Stadttheater Gmunden, Österreich (Musical Frühling)
- Musikalische Leitung: Jürgen Goriup
- Regie und Bühnenbild: Markus Olzinger
- Choreografie: Wei-Ken Grosmann-Liao
- Kostüme: Elisabeth Sikora
- Lichtdesign: Ingo Kelp
- Tondesign: Roland Baumann
- Visual Artists: VAME
Besetzung:
- Evan Hansen: Denis Riffel
- Heidi Hansen: Anna Thorén
- Zoe Murphy: Michaela Thurner
- Connor Murphy: Jelle Wijgergangs
- Cynthia Murphy: Annemieke van Dam
- Larry Murphy: Yngve Gasoy-Romdal
- Jared Kleinman: Savio Byrczak
- Alana Beck: Vanessa Heinz
- Cover Evan Hansen: Chris Green
- Cover Zoe Murphy / Cover Alana Beck: Tara Friese
- Cover Connor Murphy: Jonathan Hamouda Kügler
Denis Rüffel (als Evan Hansen), Jelle Wijgergangs (als Connor Murphy) (c) Musical Frühling / Foto: Konstantin Zander |
Premierenchronik
USA | UA | 4. Dezember 2016 | Musik Box Theatre, New York |
GB | EA | 19. November 2019 | Noel Coward Theatre, London |
A | Dspr. EA | 22. März 2024 | Stadttheater, Gmunden |
D | EA | 11. Oktober 2024 | Stadttheater, Fürth |
Inhaltsangabe
"Der Teenager Evan Hansen leidet unter Angststörungen und gilt in der Schule als ungewöhnlicher Außenseiter. Einer von mehreren, an sich selbst adressierten Briefen, die er im Rahmen seiner Therapiestunden schreiben soll, gerät zufällig in die Hände seines Mitschülers Connor Murphy, der kurze Zeit später Selbstmord begeht. Als Connors Eltern den Brief bei ihrem Sohn finden, nehmen diese an, dass Evan dessen bester Freund gewesen sei. Dabei verstrickt sich Evan immer mehr in ein Geflecht aus Lügen, aus dem er erst zu entkommen vermag, wenn er sich selbst erkennt und annimmt wie er ist. Die Kernbotschaft des Stückes ist: Du bist nicht allein. Und dass es immer einen Weg aus den dunklen Gedanken heraus gibt, auch, dass man als vermeintlicher Außenseiter gesehen und gehört wird."
(aus: online Presse-Info des Produzenten zur Premiere)
Anna Thorén (als Heidi Hansen), Denis Rüffel (als Evan Hansen) (c) Musical Frühling / Foto: Konstantin Zander |
Kritiken
"Beim Musical-Frühling Gmunden mag man offenbar schwierige Stoffe: Nach der Anne-Frank-ähnlichen Geschichte 'Briefe von Ruth' im Vorjahr wagte man sich heuer über 'Dear Evan Hansen' von Benj Pasek und Justin Paul. Ein starkes Ensemble unter der Regie von Intendant Markus Olzinger brachte das psychische Gesundheit und Suizidgedanken von Jugendlichen thematisierende Stück ebenso behutsam wie unterhaltsam auf die Bühne. Standing Ovations bei der Premiere Freitagabend.
[...] In der Rolle des Evan Hansen ist Denis Riffel zu sehen. Der Kampfsportler war bisher eher auf körperbetonte Parts spezialisiert, zuletzt etwa als Berger in 'Hair' im Salzburger Landestheater. Sein Evan ist hingegen ein Augenkontakt meidender, stets kurz vorm Hyperventilieren stehender und seine Schwitzhände knetender Loser, auf dessen Stirn irgendjemand 'mobbt mich' tätowiert zu haben scheint, und der es immer gut meint. Anfangs fremdelt er kurz mit dem schüchternen Einzelgänger, aber rasch lässt er sich voll und ganz auf den Charakter ein, was ihm Standing Ovations beschert.
Musikalisch braucht das Stück ebenfalls ein wenig bis es anläuft, die Eckpfeiler müssen schließlich erst erklärt werden, dann setzt es aber auf eingängigen Pop, das Ensemble überzeugt durchwegs stimmlich. Vor allem der verblichene Connor als Evans Schatten (Jelle Wijgergangs) und Michaela Thurner als dessen Schwester und Evans Freundin Zoe (Beziehungsstatus: es ist kompliziert) stechen heraus."
Verena Leiss (APA): Musical "Dear Evan Hansen" über Suizidgedanken in Gmunden. In: Salzburger Nachrichten, 23. März 2024.
"Markus Olzinger, der neben der Intendanz des Musical Frühlings auch noch für Regie und Bühnenbild zuständig ist, hat eine geschickte Bühne entworfen, die mit wenigen, aber wirkungsvollen Requisiten auskommt. Evans Zimmer wird durch ein fahrbares Eisengestell mit Bett dargestellt, das in den entsprechenden Szenen ferngesteuert auf die Bühne fährt und an dem sich der aus dem Jenseits zurückkehrende – und nur für Evan sichtbare – Connor in schön anzusehenden Choreografien (Wei-Ken Grosmann-Liao) entlangschwingt. Die Wohnung der Murphys, der wohlhabenden Familie aus der Connor stammt, erscheint hinter einer sich nach oben und unten fahrenden gelben Bühnenwand.
Nach hinten begrenzt wird die Bühne durch eine LED-Wand, auf die zum einen das Geschehen auf Social-Media rund um die Handlung dargestellt wird, zum anderen die Video-Calls Evans mit den anderen Figuren der Geschichte gezeigt werden. Dabei entstehen eindrucksvolle Momente, die eigentlich nur im Film möglich sind: Wenn Alana (Vanessa Heinz) im Video-Call Evan langsam auf die Schliche kommt und immer vehementer nach den unschlüssigen Details der angeblichen Mails zwischen Evan und Connor nachfragt, ist ihr Blick, mit dem sie über die Handy-Kamera direkt ins Publikum schaut, dermaßen bohrend, dass Evans Unwohlsein in dieser Situation hautnah spürbar wird. Durch die Kostüme von Elisabeth Sikora und das Make Up von Renate Harter werden die Darstellerinnen und Darsteller überzeugend ins richtige Spielalter versetzt.
[...] Die achtköpfige Band unter der Leitung von Jürgen Goriup spielt die Melodien der Show mit dem genau richtigen Drive und wechselt sehr gut zwischen laut und poppig und leise und sensibel. Die Tontechnik sorgt mit exzellenter Aussteuerung dafür, dass auch in den musikalisch lauten Szenen sowohl die Darsteller auf der Bühne als auch die einzelnen Instrumente gut und klar verständlich bleiben.
Dem Musical Frühling Gmunden gelingt mit seiner intensiven Inszenierung von 'Dear Evan Hansen', den Finger beeindruckend in eine gesellschaftspolitische Wunde zu legen: Der immer höher ansteigenden Zahl von Jugendlichen, die aus verschiedensten Gründen, aber nicht zuletzt aus einem immer höher kletternden sozialen Druck in ernsthafte psychische Probleme kommen."
"Sechs Tonys und drei Olivier Awards, ein Grammy, Jubel vom Broadway bis zum West End: Die deutschsprachige Erstaufführung von „Dear Evan Hansen“ wurde heiß herbeigesehnt. Die gute Nachricht vorweg: Mit dem noch jungen Musical Frühling in Gmunden hat genau der richtige Veranstalter den Zuschlag bekommen. Im intimen Rahmen des Stadttheaters mit seinen gerade mal 350 Plätzen zeigt das letztjährige Gewinnerteam des Deutschen Musical Theater Preises ein sensibel ausgeleuchtetes Kammerstück, das einen mit leisen, nach innen gekehrten Gesten der Trauer von der ersten Sekunde an in den Bann zieht. […]
Suizid, Angststörungen, Depression, Trauer: „Dear Evan Hansen“ ist kein leichter Musicalstoff, aber ein aus dem Leben gegriffener. Regisseur und Bühnenbildner Markus Olzinger blickt ungeschminkt auf die Seelen seiner Figuren. Dazu genügen ihm wenige einfache Kulissen und Requisiten: ein schwarzes Metall-Bettgestell für Evans Zimmer, der Esstisch der Familie Murphy – und immer wieder Handys, immer wieder Videocalls zwischen den Jugendlichen statt persönlicher Gespräche, immer wieder Isolation, Vereinzelung, Einsamkeit. […]
Was ohnehin zum Erfolg beiträgt, sind die eingängigen Popsongs von Benj Pasek und Justin Paul, die Jürgen Goriup und das Musical Frühling Live Orchester gekonnt interpretieren. Und eine Botschaft, die leider viel zu oft nicht laut ausgesprochen wird: ´Denn heute, ganz egal was auch geschieht, bist Du zumindest Du selbst. Und das ist genug.´“
Florian Maier: Dear Evan Hansen, Briefe an mich selbst. In: musical today (online), 30. März 2024.
Vanessa Heinz (als Alana Beck), Denis Rüffel (als Evan Hansen) (c) Musical Frühling / Foto: Konstantin Zander |
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Dear Evan Hansen". Original Broadway Cast, 2016. Atlantic Records. (1xCD)
- "Dear Evan Hansen". Original Film Soundtrack, 2021. Interscope Records 003452302. (1xCD)
DVD / Video
- "Dear Evan Hansen". Verfilmung, 2021. Studio Distribution Services. (1xBluray)
Literatur
- Val Emmich (mit Steven Levenson, Benj Pasek & Justin Paul): Dear Evan Hansen. Roman nach dem gleichnamigen Musical, Aus dem Amerikanischen von Catrin Frischer. München: cbj (Kinder- und Jugendbuchverlag) 2019.
Kommentar
Die deutschsprachige Erstaufführung ist eine Produktion des "Musical Frühlings" in Gmunden, in Kooperation mit dem Theater Fürth, das die Inszenierung im Oktober 2024 mit z.T. geänderter Besetzung in den Spielplan übernimmt.
Empfohlene Zitierweise
"Dear Evan Hansen" [Gmunden]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 24. April 2024.