Die alten Zeiten sind vorbei (Fings ain't wot they used t'be)
Musical
Musik und Gesangstexte von Lionel Bart
Text von Frank Norman
Deutsche Übersetzung und Bearbeitung von Peter Zadek und Karl Wesseler
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 24. Januar 1965
Theater der freien Hansestadt, Bremen, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Peter Starke
- Regie: Peter Zadek
- Bühnenbild und Kostüme: Wilfried Minks
- Choreographie: Tutte Lemkow
Besetzung:
- Fred Cochran: Helmuth Erfurth
- Lily Smith: Katharina Tüschen
- Paddy, Inder: Konstantin Paloff
- Collins, Wachtmeister: Wolfgang Schenck
- Betty: Ellen Esser
- Rosey: Birgit Pausch
- Tosher: Michael Paryla
- Redhot: Peter Neubauer
- Call-girl: Jutta Lampe
- Horace Seaton, Innenarchitekt: Alois Strempel
- George, Baumeister: Ernst Ebeling
- Sir Percy Fortesque: Ernst Rottluff
- Myrtle, seine Freundin: Christiane Schröder
- Mimi: Barbara Buri
- Straßensänger: Joachim Giese
- Mädchen vom Land: Hildegard Wellmann
- Priester: Ernst Ebeling
- Norman: Bruno Ganz
- Halbstarke: Helmut Düvelsdorf / Bruno Ganz / Vadim Glowna / Charles Lang / Elisabeth Paul / Sally Perry / Anja Danielle / Rita Gallwitz / Sibylle Prokesch / Karin Saul / Gitta Weidhaas / Karin Weidhaas / Gunhild af Winklefelt / Lothar Hammest / Thomas Hester / Nikolay Anducic / Heinz Dressler / Willy Heinrich / Karel Jung / Nicola Perovic / Alf Zendek
- Drei alte Weiber: Maria Ahlers / Ilse Hasselmann / Ferra Lederer
- Pennbrüder und Spieler: Fred Habermann / Heinrich Kastner / Charles Lang / Heinrich Martin / Jan Meyer / Rolf Meyer / Erwin Wirschaz
- Chor: Eleonore Chop / Herta Frömming / Lissy Gorczinsky / Margot Gross / Hanna Lipski / Marie-Louise Renneberg / Linda Schibitschek / Ilse Stier / Christiane Wächtler / Jutta Walter / Hildegard Wellmann / Wilma Windeler / Vinzenz Bouillon / Hannes Fenten / Höper / Markus Platzer / Waldemar Vogelgesang / Gernot Schütz / Heinz Zimmermann
- Ballett: Elizabeth Paul / Sally Perry / Heidi de la Chapelle / Anja Danielle / Ute Ehlert / Rita Gallwitz / Sibylle Proksch / Karin Saul / Gundula Vera / Hertha Walter / Gitta Weidhaas / Karin Weidhaas / Gunhild af Winklerfelt / Lothar Hammes / Thomas Hester / Nikolay Anducic / Heinz Dressler / Willy Heinrichs / Karel Jung / Nicola Perovic Alf Zendek
Premierenchronik
GB | UA | 17. Februar 1959 | Theatre Workshop, Theatre Royal, Stratford East |
D | Dspr. EA | 24. Januar 1965 | Theater der freien Hansestadt, Bremen |
Anmerkung: Die überarbeite Version wanderte von Stratford East zum Garrick Theatre (22. Dezember 1959) ins Londoner Westend und erlebte dort 897 Aufführungen.
Inhaltsangabe
"Schauplatz ist ein Kellerlokal im berüchtigten London Stadtteil Soho, Treffpunkt der Spieler, Diebe, Dirnen, Zuhälter, Penner und bestechlichen "Bullen". Der Boß der verlotterten Bude heißt Fred Cochran und hat einmal unter dem schmückenden Beinamen "Schlitzer von Soho" Schlagzeilen gemacht. Jetzt gammelt er mit anderen schäbigen Gestalten in einer Kneipenecke die Nächte hin. 'Die alten Zeiten sind vorbei'.
Ein verrückter Tip auf einen Außenseitergaul bringt Fred plötzlich eine Menge Zaster ein. Dafür läßt er die Spelunke von einem Innenarchitekten aufmöbeln. Das mißfällt dem Bandenchef "Fleischklotz" aus der Konkurrenzkneipe. Zur Feier der Neueröffnung richtet der wieder munter gewordene "Schlitzer" die Leibgarde des Rivalen übel zu. Er selbst landet mit frischen Narben geziert, an der Seite seiner liebesdiensterfahrenen Teilhaberin Lily Smith, im Ehehafen. Und ein Lederjackenclub randaliert dazu."
Hans Berndt: Heiser singt der Schlitzer von Soho. Deutsche Erstaufführung des Musicals 'Die alten Zeiten sind vorbei'. In: Badische Neueste Nachrichten, Karlsruhe, 30. Januar 1965.
Kritiken
"Es wird sich bald herumsprechen, daß Bremen drauf und dran ist, als "Stadt des Musicals" zu gelten! Der amerikanische "Music Man" von 1963 und nun die deutsche Erstaufführung des englischen Musicals "Die alten Zeiten sind vorbei" haben gezeigt, daß man sich im Theater am Goetheplatz auf die wirkungsbewußte "Mache" solcher Importware versteht.
Die Bremer Stars heißen Peter Zadek (Regie) und Wilfried Minks (Bühnenbild und Kostüme). Inszenierung und Ausstattung sind blendend und diesmal hat man auch den richtigen Choreographen gefunden (Tutte Lemkow aus London), der das Ballett auf tänzerische Akrobatik drillte, handelt es sich nun um eine wüste Keilerei zwischen Halbstarken oder um eine Hochzeitsorgie. Man erlebt drei Stunden Turbulenz, entfesseltes Theater in siebzehn virtuos und präzise kosntruierten Musiknummern, die Ensembleszenen knallig-laut mit einigen sehr wilden Steigerungen.
[...] Natürlich waren die Bremer Philharmoniker dafür nicht zuständig, wohl aber der hauseigene Kapellmeister Peter Starke, der vom Klavier aus eine routinierte Band (sechs Herren vom Tanzorchester Radio Bremen) leitete. Das riesige Musical-Team zeigte sich von der temperamentvollsten Seite. Bei achtzehn Sprechrollen ist es aber ganz unmöglich, die einzelnen Darsteller zu charakterisieren. Es waren herrlich vitale Typen darunter, und was ihre pantomimischen und artistischen Fähigkeiten betrifft, so konnte man überraschende Entdeckungen machen."
Sabine Tomzig: Unter Peter Zadecks raffinierter Regie. Entfessltes Soho auf der Bremer Bühne. In: Hamburger Abendblatt, 29. Januar 1965.
"Kratzt man auch nur ein wenig am dünnen Folklore-Belag von Normans Libretto, so kommt dahinter lediglich eine mäßig amüsante Typenschau aus Londons Soho zum Vorschein: Kleine und größere Ganoven, Pennbrüder, Gammler, "Damen", Polizisten, Zuhälter, randalierende Halbwüchsige, insgesamt eine quietschfidele Soho-Revue als Augenschmaus mit der Lust am rüden Rotwelsch dieser Operetten-Halunken mit Hang zum friedfertigen Spießer.
[...] Kein kritischer Filter, kein sozialkritisches Engagement, keine kabarettistische Provokation, keinerlei Standpunkt, im Grunde nicht einmal die Spur einer Substanz; auch nicht in den wenig stimulierenden Songs von Lionel Bart, der manche Partitur seiner Kollegen aufmerksam, aber ohne wesentliche Anregungen gelesen hat.
[...] Zadeks turbulente Zirkusschau, die den Pustekuchen von Norman/Bart als Linzer-Torte anzubieten bis zum schweißtriefenden Ende nicht müde wurde, hat diesen Schmarren von einem Musical nicht von jenem Makel befreien können, der gerade im Bereich des zeitgenössischen Musicals tödlich ist: Alle verhaßten Untugenden der abgetakelten Operetten-Großmama bedenkenlos zu übernehmen."
Henning Harmssen: Ein theatralisches Windei. In Bremen 'Die alten Zeiten sind vorbei'. In: Trierische Landeszeitung, 29. Januar 1965.
"Die Stärke der Inszenierung Peter Zadeks liegt zunächst einmal nur im entfesselten Theater. Für den, der Ende des vergangenen Jahres an einem halben dutzend Operetten-Inszenierungen mit dem Trend zur schlimmsten, längst erledigt geglaubten Schematisierung teilgenommen hat, liegt darin bereits eine Antwort. Man stemmt sich in Bremen gegen den allenthalben auf den deutschen Theatern einreißenden Wunsch, es dem Besucher möglichst bequem zu machen. Dabei ist Zadeks 'bloßes' entfesseltes Theater das reine Vergnügen. Die tausend Gags aufzuzählen, ist einfach unmöglich.
[...] Über eins aber kann die von ihnen gespielte und getanzte Turbulenz nicht hinwegtäuschen: Die Tatsache nämlich, daß zwischen den Songs Lücken von teils langweiligen, teils papierenden Dialogen klaffen. Der Hauptgrund dafür ist, daß Zadek offenbar über der Inszenierung das Stück vergessen hat."
Heinz-Ludwig Schneiders: Schwanengesang des Proletariats. Zur deutschen Erstaufführung von 'Die alten Zeiten sind vorbei'. In: Handelsblatt, Düsseldorf, Nr. 17, 26. Januar 1965, Seite 10.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Fings Ain't Wot They Used T'Be". Original London Cast, 1959. Hallmark. (1xCD).
- "Fings Ain't Wot They Used T'Be". London Studio Cast, 1960. His Master's Voice CSD-1298. (1xLP).
Literatur
- David Safford: Fings Ain't Wot They Used T'Be: The Life of Lionel Bart. Englisch. Omnisbus Press, 2011.
- Joan Littlewood: Joan's Book. The Autobiography of Joan Littlewood. Methuen Drama - Theatre Makers, 2016.
Empfohlene Zitierweise
"Die alten Zeiten sind vorbei (Fings ain't wot they used t'be)". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 11. Juli 2022.