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Wer braucht Geld?

Operette in 4 Bildern 


Musik von Guido Masanetz 
Buch und Gesangstexte von Otto Schneidereit  

 

 

Inszenierung


Uraufführung: 17. November 1956
Metropoltheater, Berlin, DDR

  • Musikalische Leitung: Guido Masanetz
  • Regie: Hans Pietra
  • Ausstattung: Hermann Kaubisch
  • Choreografie: Anni Peterka
  • Chöre: Siegfried Völkel

 

Besetzung:  

  • Anatal Brown, Kraftfahrer: Martin Ritzmann
  • Virginia West, Kellnerin im Nevada: Margot Anders
  • Kay, Steuermann, ihr Bruder: Alfons Schienemann
  • Chica Paraiba, Tänzerin, seine Braut: Rita Zabekow
  • Ben Benson, Chef einer Speditionsfirma: Fred Kronström
  • Xonga Miller, Besitzerin des Tampico: Erika Grajena
  • Klabautermann, ein alter Seemann: Jean Bergmann
  • Patrick Plock, Polizei-Sheriff: Siegfried Weiss
  • Hen Merrit, Kellner im Tampico: Joachim Hoyer
  • Jim Sharp, Kellner im Tampico: Bernhard Wegner
  • Bessie Roach, Negerin im Nevada: Karola Goerlich
  • Kassierer: Hans Rose
  • Notar: Erich Korn

 

 

Premierenchronik

DDR UA 17. November 1956 Metropoltheater, Berlin

 

 

Inhaltsangabe


"Der Hafen von San Franzisko, die Lagerräume der Speditionsfirma Benson, das zweitklassige Vergnügungsetablissement Tampico und das Hotel Nevada sind die Schauplätze der Operette ´Wer braucht Geld?´. Der Besitzer des Hotels Nevada, Mr. Wight, ist gestorben. Der einzige Erbe hat sich nicht gemeldet. Nun sucht Xonga Miller, die Inhaberin der Tampico-Bar, das Hotel für sich zu ersteigern. Sie hat dem Verstorbenen zehntausend Dollar geliehen und die Schuldfrist läuft an diesem Tag um 24.00 Uhr ab. 

Da stellt sich heraus, daß der Kraftfahrer der Firma Benson, Anatol Brown, der Neffe des verstorbenen Mr. Wight ist. Seine Freude über die Erbschaft wird aber getrübt, als er durch Sheriff Plock erfährt, daß er bis Mitternacht die Schuldsumme von zehntausend Dollar an Xonga Miller zu zahlen habe. Doch mit Hilfe seiner Freunde, den Seeleuten von San Franzisko, gelingt es Brown nach vielen Schwierigkeiten, das Geld aufzubringen.

Brown stellt das Hotel Nevada den alten Seeleuten als Seemannsheim zur Verfügung. Xonga Miller und ihr Anhang, der bestechliche Sheriff Patrick Plock und der Inhaber einer Transportfirma und  heimliche Whiskyschmuggler Ben Benson, müssen blamiert abziehen. Anatal Brown aber hat in den aufregenden Stunden in San Franzisko in der Schwester des Steuermanns Kay, der hübschen Kellnerin Virginia West, die Frau fürs Leben gefunden; und der Steuermann Kay beantwortet die Frage seiner Braut, der Tänzerin Chica: ´Seemann, hast du mich vergessen?´ mit einem herzhaften Kuß. Der Klabautermann aber, ein alter heimatloser Seemann, zieht als erster Gast ins Seemannsheim ein. Er stellt befriedigt fest: ´Jedes Schiff hat eine Heimat, jeder Seemann ein Zuhaus!´"

(Kurt Damies, Rückseite der Schallplatte mit einem Operetten-Querschnitt, EP, 1960)

 

 

Kritiken

 
"Seit das Musical als lockerer, interessanter Typ des gesungenen, kabarettistisch gebrachten Lustspiels seinen Siegeszug angetreten hat, sieht sich die gattungsgemäß zum Musiktheater gehörende Operette einer neuen Konkurrenz gegenüber. Die Erneuerung der Operette, d.h. die Schaffung neuer, gegenwartsbezogener Werke neben dem ´klassischen´ Bestand, wird also darauf bedacht sein müssen, durch neue Ideen, Formen und höchste Aufführungsqualität einen Eigenstil zu behaupten und Lebensfähigkeit zu beweisen.

Wie sieht es nun in dieser Beziehung mit der seit langem vorbereiteten Neuheit des Metropol-Theaters aus, das kürzlich unter dem rätselhaften und nicht gerade glücklich gewählten Titel ´Wer braucht Geld?´ aus der Taufe gehoben wurde? Der Chefdramaturg des Hauses, Otto Schneidereit, war zweifellos ein findiger Kopf, als er sein Szenarium entwarf. Mit sicherer Witterung für Aktualität, Milieureize und sozial-kritische Nuancen geißelt er gewisse kriminalistische Entgleisungen im öffentlichen Leben der USA, die amtlich beglaubigt sind, auch wenn sie nicht das Wesen des amerikanischen Alltags ausmachen dürften. 

Die ´zwischen gestern und morgen´ in San Francisco spielende Handlung nach Art einer handfesten Magazin-Story läßt an Buntheit und Verwegenheit kaum etwas zu wünschen übrig, und es war das gute Recht des Autors, von den realistischen Ausgangspunkten her zu parodistischen Überspitzungen zu gelangen, weil sonst womöglich ein ganz ernstes Zeitstück mit erhobenem Zeigefinger daraus entstanden wäre. So nimmt der Zuschauer manche Unwahrscheinlichkeit gelassen in Kauf, wie er sie von einem als Operette plakatierten Werk ohnedies nicht verlernt hat zu erwarten. [...]

Der Beifall für diese Metropol-Neuheit war nach den Erfahrungen der Voraufführung nur durchschnittlich temperiert und ließ keine optimistischen Rückschlüsse auf das weitere Publikumsecho zu."

Heino Lüdicke: Operettenmilieu San Francisco, "Wer braucht Geld?" - Uraufführung im Berliner Metropoltheater. In: Neue Zeit, Tageszeitung der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, Nr. 275, 24. November 1956.

 

"Die neue Operette ist bei uns der neuen Oper voraus. Zwar liegen ausgereiftere Ergebnisse auch hier noch nicht vor - aber es tut sich etwas, die Entwicklung bleibt ständig vorwärts gerichtet. Die Operettentheater in Berlin, in Dresden und an kleineren Orten, auch der Funk suchen in Zusammenarbeit mit Textdichtern und Komponisten der Gattung einen zeitgemäßen, anspruchsvollen Inhalt zu geben.

Bei allen Einwendungen muß man der neuen Operette von Otto Schneidereit und Guido Masanetz zugestehen, daß hier wiederum wesentliche Schritte vorwärts getan wurden. Die Handlung ist gut erfunden und die Musik von sehr erfreulichem Niveau. [...]

Viel Überflüssiges wird da gesprochen und dem Genre Operette mit dem moralisierenden Zeigefinger Gewalt angetan, während zugleich Sänger und Tänzer auf der Bühne herumstehen oder -sitzen und diesem Gewaltakt untätig zusehen; wenn aber das Ballett eingesetzt wird, so geschieht das in der dramaturgischen Funktion nicht recht überzeugend; das Bedauerlichste schließlich: Durch die umständliche Diskutiererei auf der Bühne bleibt für die Musik zu wenig Platz.

Guido Masanetz' Musik - oder was von ihr erhalten blieb - aber macht den eigentlichen Wert dieser neuen Operette aus. Sie ist temperamentvoll, vielseitig, von gutem Geschmack und beruht stark auf nordamerikanisch-mexikanischer Folklore (daraus ergeben sich über einige bewußte Zitate hinaus Anklänge an Einzelzüge nordamerikanischer Tanz- und Unterhaltungsmusik). Zu Beginn kommt der rechte Operettenschwung allerdings noch nicht auf, die Musik ist da zu sehr „gearbeitet", wo sie zunächst melodisch und rhythmisch einprägsam und fesselnd sein sollte. Bald aber, insbesondere in den Einleitungsmusiken, sind Masanetz' differenzierte Orchestrierung, seine melodische Erfindungskraft und das Temperament seiner gesamten musikalischen Sprache gleichermaßen am Werke, so daß man von Stück zu Stück angeregter wird und immer ungeduldiger darauf wartet, daß endlich wieder die Musik einsetzt.

Das Metropol-Theater hat sich mit dieser Aufführung anerkennenswerte Mühe gegeben. Trotzdem muß gesagt werden, daß die Inszenierung (Hans Pitra) die angedeuteten Schwächen des Librettos nicht ausgeglichen, sondern eher noch betont hat. Es kommt so etwas wie „Gesellschaftskritik" heraus, die das Textbuch in Wahrheit nicht hergibt und wie sie in so schwerwiegender Art für die jetzige Operette wohl auch noch nicht geeignet ist. Auf der Bühne sehen zu müssen, wie sich der kleine Moritz Amerika vorstellt (alle haben die Hände in den Taschen und reden sich mit „Mister" an), ist genauso peinlich, wie wenn die Herren vom Chor des Metropol die verkrampften Ballett-Beinchen schwingen."

H.S.: "Wer braucht Geld?", Eine Operette von Schneidereit/Masanetz. In: Neues Deutschland, Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Nr. 295, 12. Dezember 1956. 

 

 

Medien / Publikationen


Audio-Aufnahmen

  • "Wer braucht Geld?". Operettenquerschnitt, Berlin (DDR) 1960, Amiga 5 40 118. (Vinyl, EP)

 

 

Kommentar

 
Die Operette wurde später einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen und 1962 unter dem Titel "In Frisco ist der Teufel los" erneut zur Uraufführung gebracht.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Wer braucht Geld?". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 25. Oktober 2020.