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Porgy und Bess (Porgy and Bess)

Oper in drei Akten


Musik von George Gershwin
Libretto von DuBose Heyward
Gesangstexte von DuBose Heyward und Ira Gershwin
Deutsche Übersetzung von Horst Seeger und Götz Friedrich

 

 

Inszenierung


DDR-Erstaufführung: 24. Januar 1970
Komische Oper Berlin, DDR

  • Musikalische Leitung: Gert Bahner / Siegfried Kratzer
  • Regie: Götz Friedrich
  • Bühnenbild: Reinhart Zimmermann
  • Kostüme: Susanne Raschig
  • Chor: Dieter Hänsel
  • Choreografie: Michael Boyle

 

Besetzung:  

  • Porgy, ein Bettler: Cullen Maiden
  • Bess: Carolyn Smith-Meyer
  • Crown, Baumwollarbeiter: Vladimir Bauer
  • Robbins: John Moulson
  • Serena, seine Frau: Christa Noack
  • Serenas Nichte: Dimitra Pitsilou
  • Jake, ein Fischer: Ronald Dutro
  • Clara, seine Frau: Gudrun Wichert
  • Maria, Besitzerin von "Maria´s Shop": Jarmila Ksirova
  • Sporting Life: Manfred Krug
  • Peter, Honigverkäufer: Werner Enders
  • Lily, seine Frau: Lydia Dertil
  • Mingo, Hafenarbeiter: Uwe Peper
  • Anny: Gisela Pohl
  • Jim: Jürgen Heiß
  • Bestattungs-Unternehmer: Alfred Wroblewski
  • Frazier, ein Winkeladvokat: Rudolf Asmus
  • Erdbeerverkäuferin: Eva-Maria Baum
  • Krebsverkäufer: Peter Seufert
  • Scipio: Martin Pflaume
  • Mr. Archdale: Peter Ehrlich
  • Detektiv: Horst Bonnet
  • Coroner: Adolf Savelkouls
  • Ein Polizist: Volkmar Goltz

 

  • Weiterhin: Chorsolisten der Komischen Oper, Mitglieder des Tanztheater-Ensembles der Komischen Oper, das Kinderstudio der Komischen Oper, Schüler der Köpenicker Musikschule

 

 

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Ensemble

Foto: Eva Kemlein © Stiftung Stadtmuseum Berlin,
Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin

 

 

 

Premierenchronik

USA UA 10. Oktober 1935 Alvin Theatre, New York
DK Europäische EA 27. März 1943 Königliche Oper, Kopenhagen
CH Dspr. EA 9. Juni 1945 Stadttheater Zürich
A EA (in. Engl.) 7. September 1952 Volksoper Wien (US-Tournee)
D EA (in. Engl.) 17. September 1952 Titaniapalast, Berlin (US-Tournee)
GB EA 9. Oktober 1952 Stoll Theatre, London (US-Tournee)
DDR EA (in Dt.) 24. Januar 1970 Komische Oper Berlin
D EA (in Dt.) 22. Januar 1971 Theater des Westens, Berlin

 

 

 

Inhaltsangabe


In der Catfish Row, einer einfachen Wohnstraße in Charleston/USA, tanzen die Bewohner am Sommerabend zum Klavier. Clara singt das Wiegenlied „Summertime“ für ihr Kind. Der gehbehinderte Porgy erscheint auf seinem kleinen Karren. Porgy erkundigt sich nach der leichtlebigen Bess. Diese erscheint mit dem hünenhaften, gewalttätigen Crown. Die Männer setzen sich zum Würfelspiel um Geld. Ein Streit entsteht, und Crown ersticht den Catfish-Row-Bewohner Robbins und ergreift die Flucht. Bevor die Polizei erscheint, bietet Porgy der nun alleingelassenen Bess Hilfe und Unterschlupf an.

Später: Die Fischer planen trotz des stürmischen Wetters eine Ausfahrt und ein Picknick auf Kittiwah Island. Porgy kennt keine finanziellen Sorgen, er ist glücklich mit Bess liiert. Sporting Life versucht Bess zu überreden, mit ihm nach New York zu gehen, wo angeblich ein besseres Leben wartet, doch Bess lehnt ab – sie will bei Porgy bleiben. Sie bricht gemeinsam mit Maria zum Picknick der Fischer auf. Auf der Insel trifft Bess auf Crown, der sich dort versteckt hält, und verfällt ihm wieder. Sie verschwindet mit ihm in den Wald. Bess kehrt erst zwei Tage später erkrankt vom Picknick zurück und gesteht gegenüber Porgy ein, dass sie Crown nicht widerstehen kann. Während eines Hurrikans taucht Crown auf, der Bess holen will.

Crown schleicht sich in der Nacht zu Porgys Wohnung, um Bess zu entführen. Porgy ersticht ihn hinterrücks. Von der Polizei wird Serena des Mordes beschuldigt, doch sie beteuert ihre Unschuld. Porgy weigert sich, die Leiche zu identifizieren, und wird daraufhin wegen Missachtung des Gesetzes eine Woche lang festgehalten. Daraufhin verfällt Bess wieder dem Rauschgift und folgt Sporting Life nach New York. Bei seiner Rückkehr findet Porgy Bess nicht mehr und macht sich auf, sie in New York zu suchen.

(Wolfgang Jansen)

 

 

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V.l.: Fritz Hübner (als Porgy), Carolyn Smith-Meyer (als Bess)

Foto: Eva Kemlein © Stiftung Stadtmuseum Berlin,
Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin

 

 

Kritiken

 
"Die Realisierung auf der Bühne der Komischen Oper ist, in jeder Hinsicht, von mitreißender Intensität. Das beginnt bei der etwas problematischen, weil leicht in die Gefahr des Genrehaften, der Milieuzeichnung, geratenden Eröffnung des ersten Aktes, die Friedrich zu einem ´humanen Motto´ verdichtet: elementarer Rhythmus in gemeinsamer tänzerischer Übung, durch fahles Licht dem Beginn der Geschichte von Porgy und Bess sichtbar vorangestellt; dann Claras inniges ´Summertime´ (von Ingrid Czerny sehr schön gesungen), im Punktlicht aus dem Dunkel herausgeleuchtet - Vitalität und Emotionstiefe als Charakteristika des Mensch-Seins der Catfish-Row-Bewohner; als sich der Chor summend an Claras Lied beteiligt, wird er auch optisch einbezogen: Licht fällt auf die Galerie des ersten Stocks, auf der einige Frauen ihrer Hausarbeit nachgehen, das Ganze erinnert an eine langsame Film-Aufblende. [...]

Insgesamt eine exemplarische Aufführung, die unter Gert Bohners bzw. Siegfried Kratzers Leitung auch in der Bewältigung des ungewohnten musikalischen Flairs Format hatte. Den aktuell-politischen Standort der Inszenierung hat Götz Friedrich ausführlich charakterisiert und auch ablesbar gemacht. Es sei ergänzt, daß ´Porgy und Bess´ an der Komischen Oper auch dazu angetan ist, solidarisierendes Verständnis zu wecken für die Menschen, die heute mehr denn je erwacht sind zu klassenkämpferischer Aktivität, Verständnis allerdings auch ein wenig dafür, daß sie es nicht leicht hatten zu erwachen."

Hans-Gerald Otto: "Doch liegt der Weg in unserer Hand", Zu Götz Friedrichs Inszenierung von Gershwins "Porgy und Bess" an der Komischen Oper Berlin. In: Theater der Zeit, Heft 5, Mai 1970, Seite 54-57.

 

"Eigentlich nur in einem Punkte geht Friedrich szenisch über in der Oper Vorgezeichnetes hinaus: Durch intensiv hervorstehende Weiß-Schminkung werden die Weißen des Stückes verfremdet. Sie stehen so in nachdrücklicher, feindlicher Distanz zur Welt der Menschen in der Katzengasse. Auch hier bot Gershwin selber den Ansatzpunkt: Die Weißen seines Stückes sind die einzigen, denen kein gesungenes Wort zugeordnet wurde!

Im übrigen ist es die Konsequenz und theatralische Vehemenz, mit der das Geschehen gestaltet wird, die jede Szene bis in kleinste Details sinnvoll dem Ganzen zuordnet, von der die Wirkung der ganzen Aufführung ausgeht. [...]

Man brauchte viele Seiten, um zu rekapitulieren, wie der Regisseur es verstand, den religiös und auf manche andere Weise noch verbrämten Willen der Neger in der Katzengasse zu verdeutlichen, einen Weg aus der Enge des ihnen aufgezwungenen Daseins zu finden. Klar verläuft die Front zwischen Bettlern, Fischern und Arbeitern, Händlern auf der einen und maskenhaft weißen Herrschern, den Polizisten und den Chefs auf der anderen Seite, den ´white men´."

Hansjürgen Schaefer: "Porgy und Bess" in der Komischen Oper Berlin. In: Musik und Gesellschaft, Heft 5, Mai 1970, Seite 325-328.

 

"Obwohl Götz Friedrich zwei farbige Sänger, Cullen Maiden und Carolyn Smith-Meyer, zur Verfügung stehen, geht es ihm nach seinen eigenen Worten nicht darum, daß das Schwarz-Sein als das Besondere der Bewohner von Catfish Row herausgestellt wird, sondern ihr Mensch-Sein. ´Die rassische Herkunft wird als Bedingung der konkreten sozialen Existenz gezeigt, nicht als von ihr isoliert propagiert.´ Friedrich faßt den humanistischen Kerngehalt als Gleichnis auf, das für alle Ausgestoßenen, Verfolgten und Gedemütigten jeder Hautfarbe steht. Lediglich die Weißen, die Detektive und Polizisten, die Gershwin nicht einen einzigen Ton singen läßt, sind in ihrer Maske so grell gehalten, daß die Klassengegensätze klar abzulesen sind. Obwohl uns das Werk nicht die heutige Situation der Bürgerrechtsbewegung in den USA zeigt, bringt es uns durch die ehrliche Musik Gershwins das Leben dieser unterdrückten Menschen sehr nahe - mit ihren aus der sozialen Situation verständlichen Schwächen, aber auch mit ihren Schönheiten, ihrer Gefühlsstärke und ihrem starken Gemeinschaftssinn. [...]

Das Beste und zugleich Charakteristischte zuletzt: Manfred Krug als Rauschgifthändler Sporting Life. Er ist in dem Gewimmel der Figuren die agilste, ja die ausgezeichnetste Gestalt. Ein dezent jazzender Filou von Kopf bis Fuß. Dabei ist er nicht der schmierige Zuhältertyp, sondern ein geschniegelter Komödiant erster Sorte. Er triumphiert nicht nur mit seinem Kokain, sondern auch mit  seinem Scheinsieg über Bess. Wie er in seiner großen Szene die Picknick-Gesellschaft verspottet, das ist in dieser chansonnierenden Eleganz glänzend gemacht. Der Begeisterung ist kein Ende."

Eckard Schwinger: Heißer Rhythmus des Lebens, Faszination durch Gershwins "Porgy und Bess" in der Komischen Oper. In: Neue Zeit, Zentralorgan der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, Nr. 24, 29. Januar 1970.

 

 

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V.l.: Carolyn Smith-Meyer (als Bess), Manfred Krug (als Sporting Life)

Foto: Eva Kemlein © Stiftung Stadtmuseum Berlin,
Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin

 

 

Medien / Publikationen

 

Audio-Aufnahmen

  • "Porgy & Bess". Live-Recording, Titania-Palast, Berlin, 21. September 1952. International Tour Cast, digital remastered, Guild 2008, GHCD 2313/4. (2xCD)
  • "Porgy And Bess". Glyndebourne Festival Opera, The London Philharmonic, conducted by Simon Rattle. Gesamteinspielung, 1989, EMI Records 7 49568 2 (3 CDs).

 

Literatur

  • DuBose Heyward , Ira Gershwin und George Gershwin: Porgy und Bess. Oper in drei Akten (neun Bildern). Deutsch von Ralph Benatzky (= Textbücher und Musikliteratur. Nr. 26). Zürich: Apollo 1947.
  • DuBose Heyward: Porgy. Roman (Originaltitel: Porgy). Deutsch von Renate Orth-Guttmann . Nachwort von Michael Naura (= Manesse-Bibliothek der Weltliteratur). Zürich: Manesse 2001.
  • Hans-Jochen Genzel (Redaktion): Die Komische Oper. Herausgegeben von der Komischen Oper, Berlin: Nicolai 1997.

 

 

Kommentar

 
Aufgrund von Doppelbesetzungen gab es zwei Premieren: 24./25. Januar 1970. Die Besetzungszettel der Premieren liegen bislang noch nicht vor. Die Angaben zur Cast beruhen auf einen Besetzungszettel der Aufführung vom 19. April 1970. Sobald die fehlenden Einleger vorliegen, werden die Einträge überprüft und eventuell korrigiert.

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Porgy und Bess" ("Porgy and Bess") [Berlin]. In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 28. Oktober 2023.