Phantasma
Musical
Musik / Arrangements / Konzeption von Frank Nimsgern
Songtexte von Aino Laos
Deutsche Übersetzung von Frank Felicetti & Christoph Marzi
Buch und Dialoge von Elmar Ottenthal
Inszenierung
Uraufführung: 7. November 2009
Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Frank Nimsgern
- Regie: Elmar Ottenthal
- Bühnenbild: Detlev Beaujean
- Kostüme: Angela C. Schuett
- Choreografie: Jonathan Tilley
Besetzung:
- Giorgio Phantasma: Mischa Mang
- Professor Marvel: Darius Merstein-MacLeod
- Brenda de Ville: Aino Laos
- Oscar / Henri / Al / Gofor / Engel / Cover Phantasma & Marvel: Maik Lohse
- Julia / Antonia: Micaela Kovarikova
- Antonia / Marionetta: Silvie Offenbeck
- Marionetta: Barbara Brückner
- Kameramann: Vadim Volkov
- Tanzensemble: Kristin Baumgartl / Caroline Ciglenec / Daniela Rausch / Jane Reynolds / Sabrina Stein / Kimberly Trees / Hunter Jaques / Dave Laera / David Lake / Robert Schmelcher / Marc Teusch
- Opernchor des Saarländischen Staatstheaters
Premierenchronik
D | UA | 7. November 2009 | Saarländisches Staatstheater, Saarbrücken |
Inhaltsangabe
"Berlin 2010 - Ein TV-Studio - Ein Krankenhaus. Giorgio Phantasma ist der größte Show-Star der Welt. Lange Zeit war er von der Bühne verschwunden und nun wird sein Comeback ungeduldig erwartet. In der Fernsehshow 'Open your Eyes' bei Moderatorin Brenda de Ville soll es stattfinden. Doch bevor Brenda das lang erwartete Interview führen kann, bricht Phantasma auf offener Bühne zusammen. Was ist passiert? Brenda und ihr Team folgen Phantasma auf die Intensivstation, denn es verspricht eine große Story zu werden. Dort enthüllen sich phantastische Geheimnisse: Giorgio Phantasma hat kein Herz, stattdessen besitzt er eine Zeitmaschine, die ihn zurück zu den Stationen seines Lebens bringt, wo er Freude und Leid immer wieder durchleben muss, ohne je zu Glück zu gelangen. Zusammen mit Brenda reist er 100 Jahre zurück....
Paris 1910 - Der Pakt. Phantasma hat sensationellen Erfolg in Paris. Henri kündigt einen Vertrag zwischen Phantasma und dem Impressario Professor Marvel an. Der Pakt garantiert ihm ewiges Leben in Ruhm und Erfolg. Dafür muss er dem Professor die Macht über sein Herz überlassen. Phantasma willigt ein. Er bekommt zwei Dinge überreicht: die Zeitmaschine, mit der er jedes Erlebnis beliebig wiederholen kann; und ein Elixier, das den Pakt jederzeit beendet - durch den Tod. Eine erste Kostprobe des neuen Paktes erhält Phantasma sofort: Der Professor gibt ihm eine Brille, die seine Leidenschaft entflammen lässt Er verliebt sich daher in die singende Puppe Marionetta, die er für eine reale Frau hält. Phantasma ist öffentlich blamiert.
Zurück im Krankenhaus, erkennen sich Phantasma und Brenda als Seelenverwandte, Gefangene in der Welt des Entertainment. 'Kunst ist nur was für Träumer'. Beide reisen wieder zurück in der Zeit...
Chicago, 1930er Jahre. Julia feiert ihren Geburtstag. Sie ist die Geliebte des großen Bosses, Professor Marvel. Allerdings spricht jeder davon, dass sie eine Affäre mit Phantasma unterhält. Sollte der Professor dahinterkommen, wäre das fatal. Julia gesteht dem Kellner Al, dass sie noch heute Nacht mit Phantasma fliehen will. Den Professor versucht sie vergeblich in Sicherheit zu wiegen, denn der will nichts anderes als ihr Herz leiden zu sehen. Phantasma liebt Julia und möchte sie heiraten. Als Julia bereit ist, Phantasma zu folgen, wird sie vom Professor erschossen 'Pass das nächste Mal lieber ein bisschen besser auf dein Herz auf, alter Freund!'. Julias Herz geht an den Professor.
Credo des Professors. Professor Marvel zeigt sich in seiner wahren Gestalt. Er bringt leidenschaftliche Herzen in seine Gewalt, um sie seiner großen, tönenden Maschine einzuverleiben, und ihr damit Harmonie zu einzuverleiben: 'Das Feuer, die Glut, sei MEIN Lied, mein Gut, oh, mein Herz brennt'. Bald wird auch Phantasmas Herz endgültig ihm gehören.
Brenda will Phantasma nicht verlieren und ihm helfen. Mit der Kraft ihres eigenen Herzens wird sie ihn aus der Existenz ohne Herz befreien.
New York, 1973 - Die Freude am Leben. Phantasma soll in London den World Music Award verliehen bekommen. Im Aufnahmestudio in New York wird gerade der neue Song eingespielt. Antonia, Phantasmas Frau, kann leider nicht mitsingen, da sie an Aortenaneurysma leidet, einer gefährlichen Erkrankung der Hauptschlagader. Sie wird Phantasma auch nicht zur Preisverleihung begleiten. Schweren Herzens trennen sie sich. Antonia möchte ihrem Mann gerne eine Freude machen und singen, aber das Risiko ist zu groß. Professor Marvel bringt Antonia schließlich dazu, alle Vorsicht zu vergessen und zu singen. Antonia stirbt.
London, kurze Zeit später. Die Verleihung des World Music Award ist in vollem Gange. Von Professor Marvel erhält Phantasma den Preis überreicht - und die Nachricht vom Tode Antonias. Der Pakt ist erfüllt, Phantasmas Herz ist nun reif für die Maschine des Professors. Die Maschine des Professors geht schließlich an ihrer eigenen Disharmonie zugrunde, seine Macht erlischt. Phantasma ist frei, muss aber ohne Herz weiterexistieren.
2010. Brenda und Phantasma trinken das Elixier, um Phantasmas Existenz ohne Seele und Herz zu beenden. Sie streifen die Zeit ab und existieren nun in Harmonie. 'Der Traum wird nur mit dir, hier und jetzt, wahr. Lass uns fliegen!"
Inhaltsangabe aus dem Programmheft zur Uraufführung, 2009.
Kritiken
"Inspiriert von Quellen wie Jacques Offenbachs 'Hoffmanns Erzählungen', Goethes 'Faust' und Wagners 'Fliegendem Holländer' erzählt Frank Nimsgern in seinem Musical 'Phantasma' einen modernen Mythos über den hohen Preis des Ruhmes auf Kosten von Liebe und Glück, uraufgeführt am Samstag im Saarbrücker Staatstheater.
[...] 'Phantasma' ist ein vielschichtiges, etwas zu konstruiertes und deshalb zuweilen verwirrendes Stück, zu dessen Verständnis eine Einführung gut täte. [...] Und so ist die Musik das eigentlich mitreißende an dem Stück, dessen erzählerischer Spannungsbogen recht linear verläuft. Kaum nachzuvollziehen ist die Aneinanderreihung von Motivsplittern, Nimsgerns Streifzug durch die Musik wird zur Entdeckungsreise, gipfelnd im Kulminationspunkt des Musicals, der 'Schizophonica' einem 25-minütigen durchkomponierten Stück, in dem unter anderem Bizets 'Carmen', Bachs 'Jesus bleibet meine Freude' und Verdis 'La donna è mobile' zitiert werden. So ist 'Phantasma', die Geschichte des größten Show-Stars aller Zeiten, eine Hommage an die Sterne des Musikhimmels, von Bach bis zu den 'Who', von 'La Traviata' bis 'Dirty Dancing'."
Christian Hanelt: Die fantastische Zeitreise des letzten Rock'n'Rollers. Frank Nimsgern schlägt in seinem Musical "Phantasma" eine Brücke von der Klassik zum Rock - Im Saarländischen Staatstheater uraufgeführt. In: Die Rheinpfalz, Ludwigshafen, 9. November 2009.
"Die brüchige Story irrlichtert zwischen 'Hoffmanns Erzählungen' und 'Fliegendem Holländer', zwischen Melodram, Grusical und Fantasy-Film. Da ist viel Imponiergehabe im Spiel, vor allem ein Überdruck an Pathos und Gefühligkeit. Beides wird hauptsächlich über die Songtexte (Ottenthal/Laos) transportiert, die süße Sünde, Herzschmerz und Sternefunkeln nicht selten zu Schwulst aufdonnern. Wenn wir dann noch anmerken, dass die Regie (Elmar Ottenthal) artig auf Gefälligkeits-Kurs segelt, sind wir mit den kleinen Einwänden durch. Um die einzige wirkliche Schwachstelle zu nennen: das konventionelle, fast altbackene Ballett. Seien es laszive Räkel-Nummern oder vermeintlich wilde Beat-Tänze: Den 12 Gast-Tänzern fehlt die Zackigkeit, der Choreografie von Jonathan Tilley Originalität. Mögen die Totentanz-Sequenzen, das Umkippen ins Gespentisch-Vampireske, auch gelingen.
[...] Am Ende entschwebt das Paar über einen Lichter-Teppich ins All, die Sonne ewiger Liebe geht auf, ein Engel schreitet durchs Bild. Meinen Ottenthal/Nimsgern das ernst? Nicht auszuschließen, dass sie dem Stück eine Ironie-Zuckerwatte-Häubchen aufsetzen wollten: So kitschig habt Ihr's gern im Musical."
Cathrin Elss-Seringhaus: Gib mir mein Herz zurück. 'Franktastisch': Die Uraufführung von 'Phantasma' am Saarländischen Staatstheater. In: Saarbrücker Zeitung, 9. November 2009.
"Dass der fantastische Stoff, der in seinem Ursprung auf drei Novellen des deutschen Romantikers E.T.A. Hoffmann basiert, wohl noch nie so gebeugt, verformt und gerade zu entstellt wurde, ist jedoch nicht der Grund, warum dieses Stück nicht nur nicht funktioniert, sondern kolossal scheitert. Vielmehr ist wieder einmal bei einem Nimsgern-Stück das Buch schuld, das es im Grunde genommen gar nicht gibt. Offiziell zeichnet hierfür Elmar Ottenthal verantwortlich, der auch die Dialogszenen geschrieben hat, während Aino Laos die Songtexte (deutsch von Frank Felicetti bzw. Christoph Marzi) beigesteuert hat.
[...] Während Offenbachs Aussage fest im damaligen zeitgenössischen Kontext der Romantik und eines aufstrebenden Bürgertums eingebettet war, transportiert Nimsgern mit seinem neuesten Werk die nur schlichte Botschaft, dass ein Leben als Superstar auch nicht glücklich macht. Das haben The Who mit ihrem Rockmusical 'Tommy', das unausgesprochen auch irgendwo Pate für das Musical 'Phantasma' steht, schon vor vier Jahrzehnten weitaus differenzierter und tiefschichtiger dargestellt.
[...] In Szene gesetzt hat 'Phantasma' Elmar Ottenthal, der sich damit nach seinem 'Schwejk It Easy'-Flop am Theater des Westens und einigen angekündigten, bis dato jedoch nicht umgesetzten Projekten wieder einmal mit einer Regiearbeit auf einer deutschsprachigen Bühne präsentiert. Grundsätzlich ist er seinem inszenatorischen Ansatz, der eher das Abstrakte sucht, treu geblieben. Allzu oft verliert er sich - und an dieser Stelle harmoniert er in bedauernswerte Weise mit dem Komponisten - im Effekt, während das narrative Element nur hastig abgearbeitet wird."
Markus Zeller: Phantasma. Eine einzige Enttäuschung. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 140, Dezember 2009/Januar 2010, Seite 10-12.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Phantasma". Original Saarbrücken Cast, 2009. (1xCD).
Empfohlene Zitierweise
"Phantasma". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 12. April 2024.