Pardon My English
Musical
Musik von George Gershwin
Buch von Herbert Fields und Morrie Ryskind
Liedtexte von Ira Gershwin
Deutsche Übersetzung von Wolfgang Adenberg
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 27. November 2009
Staatsoperette Dresden, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Ernst Theis
- Regie: Holger Hauer
- Ausstattung: Christoph Weyers
- Choreografie: Andrea Kingston
- Chor: Thomas Runge
Besetzung:
- Golo Schmidt / Michael Bramleigh: Chrisrian Grygas / Marcus Günzel
- Gitta: Elke Kottmair / Ann Mandrella
- Kommissar Bauer: Alfred Berg / Gerd Wiemer
- Frieda Bauer: Romana Beutel / Jeannette Oswald
- Inspektor Schulz: Elmar Andree / Hilmar Meier/ Hans-Jürgen Wiese
- Magda: Inka Lange / Annegret Reißmann
- Dickie Carter: Frank Ernst / Bernd Könnes
- Dr. Steiner, Bürgermeister: Dietrich Seydlitz
- Mr. Preston: Bernd Franke / Tobias Märksch
- Mrs. Preston: Tanja Höft / Elisabeth Letocha
- Katz: Jakub Zdziarski
- Gastwirtin: Karin Mosig / Katharina Trimolt-Theodoridis
- Erster Bürger: Martin Gebhardt / Christoph Simon
- Zigarettenverkäuferin: Katja Rosenberg / Alexandra Strauß
- Vier Polizisten: Elke Linder, Florian Maser, Günter Schulze, Stefan Schwarz
Die Erst- und Zweibesetzung ist in alphabetischer Reihenfolge genannt.
Premierenchronik
USA | UA | 20. Januar 1933 | Majestic Theatre, New York |
D | Dspr. EA | 27. November 2009 | Staatsoperette Dresden |
Inhaltsangabe
Die ziemlich verrückte Handlung der Musical Comedy spielt in der seinerzeitigen Gegenwart, zielt auf die Prohibition in den USA, dem Verbot alkoholischer Getränke, verlegt die Geschichte aber nach Deutschland, genauer gesagt: nach Dresden. Dort ist die Limonade verboten und wird demzufolge ebenso geschmuggelt wie in den USA der Alkohol. Dies ist der eine dramaturgische Grundeinfall. Der zweite Grundeinfall ist eine männliche Hauptfigur, die jedes Mal, wenn man ihr auf den Kopf schlägt (oder sie sich den Kopf stößt), einen Identitätswechsel vollzieht: vom Gangster zum Geheimagenten und zurück. Als Gangster Golo Schmidt will er die Tochter des Polizeichefs entführen, als Geheimagent Michael Bramleight will er sie heiraten. Als Gangster ist er mit Gitta befreundet, als Geheimagent mit Frieda, der besagten Tochter des Polizeichefs. Diese beiden Ausgangsideen werden so durch den Wolf gedreht, das möglichst viele komische Situationen entstehen (Slapstick, Sprachwitz und Verwechslungen inklusive). Schließlich wissen alle irgendwann nicht mehr genau, wen sie gerade vor sich haben.
(Wolfgang Jansen)
Kritiken
"Die Story ist dünn, und die Musik rettet sie nicht. Der Klang eines Namens allein macht noch keinen Musicalabend. Das hat die Staatsoperette wohl gewusst. Aber eine europäische Erstaufführung und die verblüffende Tatsache, dass das amerikanische Stück in Dresden spielt, würde schon das Publikum locken.
Am Wochenende war Premiere in Leuben, und die Rechnung ging auf! in einer überdrehten Inszenierung mit schräger Ausstattung müsierte sich das Premierenpublikum köstlich. Tosender Beifall bei den Zuschauern, entspanntes Lachen bei den Darstellern und Stolz bei den Verantwortlichen. Knapp kalkuliert und hoch gewonnen, das gibt es nicht nur im Bankgewerbe."
Jens Daniel Schubert: Mit harten Schlägen auf den Hinterkopf, Die Dresdner Staatsoperette blödelt sich mit Gershwins Musical "Pardon My English" in Feierlaune. In: Sächsische Zeitung, 30. November 2009.
"Der Regisseur Holger Hauer war indes klug genug, möglichen politischen Interpretationen von vornherein den aufblasbaren Quietsch-Gummihammer zu zeigen. Nicht auszudenken, was etwa Peter Konwitschny aus ´Pardon My English´ gemacht hätte - neinnein, in Leuben konzentriert man sich traditionell auf den komödiantischen Anteil eines Werkes und lässt die krachledernen Gags ordentlich prasseln. Und jetzt aufgemerkt und hingehört: in ´Pardon My English´ funktioniert das ganz herrlich! Im Gegensatz zu den inszenierten Peinlichkeitslöchern und -längen früherer Abende am Haus, die manchen Rezensenten in die innere Emigration trieben, vermag es der Regisseur Holger Hauer immer im richtigen Moment, sich selbst und das gesamte Genre auf die Schippe zu nehmen. [...]
Meine Güte, denkt man natürlich während der Aufführung von ´Pardon My English´ immer wieder; welch stereotyp-dümmliches Deutschland-Bild müssen die Autoren des Textbuches eigentlich gehabt haben? Sehr weit scheint es mit Herbert Fields´ und Morrie Ryskinds Heimatkunde-Kenntnissen jedenfalls nicht hergewesen zu sein: man nehme die Lorelei, viel Bier und Leberwurst, Freudianische Verirrungen, ein kleinstaaterisch-monarchistisches Polizeistaatsgebilde, rühre noch ein paar Walzertakte unter, und flupp: fertig ist ´Good Old Germany´. Dresden ist in ihrem Weltbild - wie passend - allenfalls Abziehbild einer ´typischen´ deutschen Provinzstadt. Dass dann noch eine recht holprig konstruierte Jekyll-und-Hyde-Konstellation herhalten mußte, damit das Schiff überhaupt an Fahrt gewinnt, nimmt man hin - und amüsiert sich am Ende trotzdem."
Kai-Uwe Schulte-Bunert: Leberwurst, Lorelei, einerlei - George Gershwins musikalische Komödie "Pardon My English" erlebt seine europäische Erstaufführung. In: www.musik-in-dresden.de, 29. November 2009.
"Deutschland mit all seinen Klischees war damals in den USA durchaus angesagt. In seinem ersten Hollywood-Film ´Dancing Lady´ schlug Fred Astaire in Lederhosen der Dirndl-tragenden Joan Crawford singend vor ´Let´s go to Bavaria´, und in Jerome Kerns in München spielendem Musical ´Music in the Air´ singen sie von ´Egern on the Tegern See´. Sogar Marlene Dietrich besuchte im Loden-Look die Salzburger Festspiele.
Wenn nun in ´Pardon my English´ gleich im ersten Lied in der Dresdner Flüsterkneipe ´Drink, drink, drink! To the dear old Fatherland, Mother of the little German band´ gegrölt wird, dann merkt man, wo sich Mel Brooks für seine grelle Hitler-Satire ´The Producers´ schamlos bedient hat. Danach freilich besingt die polnische Barsirene in der Dresdner Flüsterkneipe als glamouröse Loreley den nicht eben geographisch nahen Rhein - was zeigt, wie wenig George und sein songschreibender Bruder wirklich von Deutschland wussten. Dennoch, die komische ´The Lorelei´, das süße verliebte Duett ´Isn´t it a Pity´ und der grelle ´My Cousin in Milwaukee´ wurden zu Hits und zu soliden Teilen des Great American Songbook. Der Rest des Musicals wurde vergessen; obwohl es bereits - im Gegensatz zur damals üblichen Praxis - keine locker mit Songs gestrickte Revue mehr war, sondern ein albernes, aber zugkräftiges Libretto hatte. [...]
Man darf das nicht ernst nehmen, so wie es nun die Dresdner getan haben. Da wird kräftig übertrieben, von den krachig-grotesken, in den Stadtwappenfarben gelb-schwarz gehaltenen Kostümen bis hin zum aus leeren Flaschen gebauten Barbühnenbild, das sich sogar zur Frauenkirche-Silhouette formt (Ausstattung: Christoph Weyers). Andrea Kingston lässt flott steppend die Puppen tanzen, Wolfgang Adenberg hat treffsicher, bisweilen sonor sächselnd übersetzt, Holger Hauer mit Liebe und Tempo inszeniert."
Manuel Brug: Toll trieben es die durstigen Deutschen, Nach 76 Jahren hat Gershwins Musical "Pardon my English" Europapremiere. In:Welt-online, 30. November 2009.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Pardon My English". Restored by Tommy Krasker, Studio Cast, Aufnahme vom 9.-11. Juni 1993, Elektra Nonesuch 7559-79338-2, published 1994. (1xCD)
Literatur
- Hanspeter Krellmann: George Gershwin, mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. rowohlt monografien 418, Reinbek: Rowohlt 1988.
Kommentar
Die deutschsprachige Erstaufführung war zugleich die europäische Erstaufführung.
Empfohlene Zitierweise
"Pardon My English". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 15. Januar 2021.