Der Mann, der Sherlock Holmes war
Musical
Musik von Marc Schubring
Orchestration von Frank Hollmann
Buch und Gesangstexte von Wolfgang Adenberg
Inszenierung
Uraufführung: 23. Januar 2009
Staatsoperette Dresden, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Christian Garbosnik
- Regie: Holger Hauer
- Choreografie: Melissa King
- Ausstattung: Christoph Weyers
Besetzung:
- Morris Flynn: Christian Grygas / Marcus Günzel
- Mackie McPherson: Frank Ernst / Lutz Standop
- Jane Berry: Constanze Eschrig / Monika Staszak
- Mary Berry: Nadine Eisenhardt / Jeannette Oswald
- Madame Ganymare: Agnes Hilpert / Bettina Weichert
- Jules: Alexander Schafft / Johannes Weinhuber
- Jacques: Florian Maser / Johannes Wollrab
- Staatsanwalt / Kassierer / Kommissar / Schaffner / Monsieur Jardin: Hans-Jürgen Wiese
- Richter / Museumswärter / Mr. Crouch / Notar Lupin / Hotelgast: Hilmar Meier
- Mr. Dimbleby / Schaffner / Polizeipräsident / Hotelportier: Christian Theodoridis
Premierenchronik
D | UA | 23. Januar 2009 | Staatsoperette Dresden |
Inhaltsangabe
In dem Musical geht es um zwei unterbeschäftigte britische Privatdetektive, die sich zur Belebung des Geschäfts mit ihrem letzten Geld die typische Bekleidung ihrer beruflichen Idole kaufen: des Meisterdetektivs Sherlock Holmes und seines Assistenten Dr. Watson, zwei Figuren, die von Arthur Conan Doyle im ausgehenden 19. Jahrhundert in die Literatur eingeführt worden waren. Wie erhofft werden sie aufgrund des karierten Inverness-Mantels und der Shag-Pfeife (Holmes) sowie der Melone und des Geigenkastens (Watson) von aller Welt für die vermeintlich real existierenden Detektive gehalten. Sie reisen nach Brüssel zur Weltausstellung, treffen auf zwei junge unbedarfte Mädchen vom Land, denen sie charmant aus der Klemme helfen, werden von der Brüsseler Polizei mit einem komplizierten Fall betraut, decken diesen ("kombiniere") umgehend auf, stehen kurz wegen ihrer Verkleidung selbst als Betrüger vor Gericht, können sich als unbescholten ausweisen und fallen schließlich den beiden jungen Mädchen Jane und Mary liebend in die Arme.
(Wolfgang Jansen)
Kritiken
"Kaum ist der letzte Ton verklungen, da reißt es das Publikum von den Sitzen. Beifall im Takt, Jubel und Pfiffe der Begeisterung.
´Jawoll, meine Herrn, so haben wir das gern!´ Das beliebte Duett, einst von Hans Albers und Heinz Rühmann in dem Film ´Der Mann, der Sherlock Holmes war´ gesungen, kommt im gleichnamigen Musical nicht vor. Schade, da hätte der Abend wenigstens einen Hit gehabt, der im Ohr bleibt.
Also eine Uraufführung. Vorsichtshalber aber nach bewährtem Rezept angerührt. Nichts geht über das Gute von gestern, wie das seinerzeit bereits als besonders wertvoll eingestufte UFA-Film-Glück von 1937. Wir machen was Neues an der Operette, klingt gut, macht neugierig. Aber beim Alten bleiben wir doch. Alles noch mal geschüttelt und gerührt. Die Hauptsache ist der Effekt. Der bleibt aus. Der neue Mix haut nicht hin. Der Text von Wolfgang Adenberg ist holprig, lang und beliebig wie eine Endlosschleife, ohne Esprit und Pointen. Die Musik von Marc Schubring, die der in Sachen Musical missionarische Mann laut Interview in Gottes Auftrag schuf, wirkt gequirlt, kein Hit, kein Ohrwurm, vor allem weit entfernt vom leichten oder frechen Charme des Sounds der 30er Jahre, der aber emsig zitiert wird. Macht aber nichts."
Boris Michael Gruhl: Wer wagt, gewinnt nicht immer, Trotz Uraufführung "Der Mann, der Sherlock Holmes war" nichts Neues an der Staatsoperette. In: Dresdner Neueste Nachrichten, 25. Januar 2009.
"Viel zu selten vertraut man auf die parodistisch-komödiantischen, oft perfide nostalgisch mit alten Bühnenformen umgehenden Möglichkeiten, wie sie in Amerika die Musical-Comedy pflegt. Seit dem Megahit `The Producers´ werden diese wieder geschätzt. In Berlin und Dresden haben sich nun gleich zwei Neuschöpfungen im gleichen Geiste auf diese Tugenden besonnen: die Bühnenversion von Bully Herbigs ´Schuh des Manitu´ und die szenische Fassung des alten Albers/Rühmann-Klassikers ´Der Mann, der Sherlock Holmes war´ von 1937. Beide gehen auf Vorlagen zurück, die ihrerseits als Genre-Ironisierungen angelegt waren. [...]
In den alten Ufa-Filmen ist freilich genügend Musik drin. Und deshalb hat das Berliner Kreativteam Marc Schubring (Musik) und Wolfgang Adenberg (Text) da weitergemacht, wo es mit dem Kindermusical ´Emil und die Detektive´ einen ersten, beifällig aufgenommenen Versuch startete. Als wären die großen Schlagerkomponisten der Zwanziger und Dreißigerjahre Franz Grothe oder Peter Kreuder wiedergeboren, orientiert man sich unter dem liebevoll-flotten Dirigat von Christian Garbosnik am Charleston- und Quickstep-Sound der Tanzkapellenära. Doch Schubring flogen so viele originelle Melodien zu, die von Adenberg geschmeidig in Worde gefasst wurden, dass man hinter der luftigen Leichtigkeit dieser professionell konfektionierten Partitur fast das unauffällig ausgestellte Können vergisst."
Manuel Brug: So hat das deutsche Musical Zukunft. In: Welt-Online, 26. Januar 2009.
"Der Regisseur vertraute der Überzeugungskraft der Geschichte. Er verzichtete auf irgendwelche aufgesetzten Regie-Einfälle und unterstrich - auch in der Personenführung - das naturalistische Setting. Mitunter hätte er freilich gut daran getan, das Tempo anzuziehen und die groteske Klischeehaftigkeit der Figuren herauszuarbeiten. Irritierend war zudem die unklare Zeitvorgabe: Im Programmheft wird das Geschehen in das Jahr 1910 gelegt, die Perücken und (teilweise) die Kostüme des Balletts verorten die Handlung jedoch eher in den späten zwanziger Jahren, und die Musik Marc Schubrings orientiert sich hörbar am Sound der Tanzkapellen und deutschen Tonfilmrevuen der dreißiger Jahre. Darüber hinaus klingt dir Orchestrierung von Frank Hollmann durchweg neuzeitlich und verweigert sich den naheliegenden nostalgischen Klang-Schwärmereien."
Wolfgang Jansen: Der Mann, der Sherlock Holmes war, Uraufführung eines ambitionierten Projekts. In: musicals, Das Musicamagazin, Heft 136, April/Mai 2009, Seite 22-23.
Medien / Publikationen
DVD / Video
- "Der Mann, der Sherlock Holmes war". Die grossen deutschen Film-Klassiker, Nr. 12, De Agostini Deutschland 2005. (1xDVD)
Literatur
- Conan Doyle: Stories, Eine Studie in Scharlachrot und andere der berümtesten Fälle des Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Hamburg: Xenos 1980.
Kommentar
Die Filmvorlage hatte ihre Uraufführung am 15. Juli 1937 im Berliner Kino Ufa-Palast am Zoo. Das Drehbuch schrieben Robert A. Stemmle und Karl Hartl, die Liedtexte stammten von Richard Busch. Die Musik komponierte Hans Sommer.
Empfohlene Zitierweise
"Der Mann, der Sherlock Holmes war". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 10. Januar 2021.