Kopfkino
Musical
Musik und Arrangements von Thomas Zaufke
Buch und Gesangstexte von Peter Lund
Inszenierung
Uraufführung: 13. April 2017
Neuköllner Oper, Berlin, Bundesrepublik Deutschland
Eine Koproduktion der Neuköllner Oper und der Universität der Künste, Berlin.
- Musikalische Leitung: Hans-Peter Kirchberg / Tobias Bartholmeß
- Regie: Peter Lund
- Choreografie: Neva Howard
- Bühnenbild und Kostüme: Daria Kornysheva
- Videodesign: Richard Marx
Besetzung:
- Lennard: Markus Fetter
- Fine: Linda Hartmann
- Ben: Jonathan Francke
- Mona: Lisa Maria Hörl
- Boris: Adrian Burri
- Helena: Lisa Katharina Toh
- Sophia: Jasmin Eberl
- Jürgen: Helge Mark Lodder
- Tess: Friederike Kury
- Theo: Nico Went
Premierenchronik
D | UA | 13. April 2017 | Neuköllner Oper, Berlin |
Inhaltsangabe
"In ´Kopfkino´ lernen wir den Badener Lennard (Markus Fetter) kennen. Er ist übereilt nach Berlin geflüchtet, weil er es zu Hause nicht mehr aushielt, und sucht nun dringend eine Unterkunft. Scheinbar ganz allein in der großen Stadt, bewirbt er sich in der WG von Fine (Linda Hartmann) und Ben (Jonathan Francke) um ein Zimmer. Doch ganz allein ist Lennard eigentlich nicht ... in seinem Kopf existieren sechs unterschiedliche Charaktere, die Lennards Gefühle verkörpern. [...] Lennard ist der einzige, der seine Begleiter sehen kann. Oft taucht er so tief in die Auseinandersetzungen ein, dass er alles um sich herum vergisst. Das bleibt natürlich auch von seiner neuen Mitbewohnerin Fine nicht unbemerkt: ´Du machst echt komische Pausen, wenn du sprichst.´
Lennard ist von zu Hause abgehauen und schlägt in der WG von Ben und Fine, mit nicht viel mehr außer einem Rucksack, seinem Laptop und der geklauten Kreditkarte seiner Mutter auf.
[...] Für Lennard ist all das, was er in Berlin erlebt, neu: Er kommt aus einer Kleinstadt und fühlt sich bei seinem ersten Streifzug durch die Stadt von Fremden verfolgt. Sexuelle Erfahrungen hat er bisher keine gemacht, er küsst sowohl Fine als auch Ben und stellt sich dem Erwachsenwerden in der Großstadt.
Bisher musste sich Lennard über Geld keine Gedanken machen und die Kreditkarte seiner Mutter hilft ihm bis zu einem gewissen Punkt, um pünktlich die Miete zu zahlen und Einkäufe zu erledigen. Doch als plötzlich Lennards Schwester Mona (Lisa Maria Hörl) auftaucht, um ihren verlorenen Bruder zu suchen, versiegt die Geldquelle. [...]
Zusammen mit Fine und Ben bricht Lennard aus, er erlebt seinen ersten Drogentrip (´High´), sammelt erste sexuelle Erfahrungen und zerstört mit seinen beiden Mitbewohnern ein Auto mit einem schwäbischen Kennzeichen, um ein Zeichen gegen die Gentrifizierung in Berlin zu setzen. Dass es sich dabei aber um das Auto seiner Schwester handelt, ahnt er zu diesem Zeitpunkt nocht nicht. Als Fine nach einem erneuten Drogenrausch ins Krankenhaus kommt, verliert Lennard seinen Halt, er tötet seine Stimmen im Kopf, indem er sie erschießt. Er will sein Leben nun selbst bestimmen und sich nicht durch sie beeinflussen lassen. Aber ob sie für immer schweigen werden...?"
(aus: Juliane Blume: Aus dem Kopf auf die Bühne gebracht, Uraufführung von "Kopfkino" an der Neuköllner Oper in Berlin. In: blickpunkt musical, Ausgabe 88 (03/17), Mai-Juli 2017, Seite 18-20)
Kritiken
"Es bleibt ab und zu offen, was Realität, was Fiktion ist. Peter Lund führt souverän Regie und lenkt die höchst ambitionierten Akteure mit Geschick und Fingerspitzengefühl durch die Metropolen-Abenteuer. Er legt den Plot als Film (Video: Richard Marx) in 20 Sequenzen an. Immer wieder halten die Songs von Thomas Zaufke den Spannungsfaden straff, sorgen mit Balladen und rockigen Rhyhtmen für emotionale Verdichtungen, darunter einige mit Ohrwurmpotenzial: ´Geh noch nicht ins Bett´, ´Weil Du es kannst´, ´Sei einfach Du selbst´, ´Ich bin nicht kindisch´ oder ´Hör doch zu´ - eine Palette zwischen erotischem Kitzel, Sehnsucht, energetisch aufgeladenen Emotionen, Gospel und Tango. Hans-Dieter (sic) Kirchberg faltet die abwechslungsreiche Partitur mit seiner Band fachgerecht auf, bringt jede Stimmungsschwankung zu seismografischen Ausschlägen. Die Ausstattung von Daria Kornycheva verbreitet auf der Breitwandbühne authentische WG-Unordnung und Neva Howards choreografische Einsprengsel bringen die Darsteller mit Einfallsreichtum und fast zirzensischen Aufgaben gehörig in Trab. Lunds Texte machen Spaß und so wird ´Kopfkino´ dramaturgisch vielleicht nicht zum Maßstab aller Dinge, aber doch zu einem überzeugenden Trend-Barometer: Musicals made in Germany definieren zumindest in der Neuköllner Oper inzwischen ein Gütesiegel."
Heinz-Jürgen Rickert: Kopfkino. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 185, Juni/Juli 2017, Seite 44-45.
"Die abwechslungsreiche Inszenierung von Peter Lund verpackt die starken Dialoge und Songs in ein Stück, in dem immer wieder vom Bühnengeschehen auf eine weiße Leinwand, die über die Bühne gespannt ist, in Filmsequenzen ´übergeblendet´ wird. Denn parallel zur Bühnenversion entstand hier ein Drehbuch zum Musical. Die Filmsequenzen ermöglichen schnelle Szenenwechsel aus der WG-Küche in die Berliner Innenstadt oder auch auf Lennards Beerdigung, die er sich einbildet. Der Einsatz von Videos (Videogestaltung: Richard Marx) ist in einer Inszenierung an der Neuköllner Oper nichts Neues, aber wie sie hier in ´Kopfkino´ zum Tragen kommen, intensivieren sie durch den Einsatz von Filmszenen auch die Geschichte. [...]
´Kopfkino´ ist ein Musical, das die Medien Bühne und Film gekonnt verbindet und Musical zu einem neuen Erlebnis für den Zuschauer macht. Musikalisch zeichnet es sich durch rockige, dem Stück angepasste Popsongs aus. Doch es gibt durchaus auch ruhige Balladen, wie das genannte ´Geh noch nicht zu Bett´, und eine Gospeleinlage. Die Choreographien von Neva Howard bieten mit schwungvollen Tanzeinlagen alles, was das Musical-Herz begehrt. Die sechsköpfige Band unter Leitung von Hans-Peter Kirchberg setzt Zaufkes Partitur dynamisch um, ohne die Darsteller zu übertönen."
Juliane Blume: Aus dem Kopf auf die Bühne gebracht, Uraufführung von "Kopfkino" an der Neuköllner Oper in Berlin. In: blickpunkt musical, Ausgabe 88 (03/17), Mai-Juli 2017, Seite 18-20.
Kommentar
Bei der Uraufführung handelt es sich um die Abschlussproduktion des 4. Jahrgangs im Studiengang Musical/Show von der Universität der Künste.
Als originale Gattungsbezeichnung findet sich auf dem Programmheft der Uraufführung: "Ein musikalisches Filmprojekt. Oder ein filmisches Musical".
Empfohlene Zitierweise
"Kopfkino". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 28. Juli 2020.