Karussel (Carousel)
Musical in 2 Akten
Musik von Richard Rodgers
Buch und Gesangstext von Oscar Hammerstein II, nach Franz Molnárs "Liliom"
Deutsch von Robert Gilbert
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 15. Oktober 1972
Volksoper, Wien, Österreich
- Musikalische Leitung: Christopher Keene / Heinz Lambrecht
- Inszenierung: Dietrich Haugk
- Bühne: Oliver Smith
- Kostüme: Stanley Simmons
- Choreografie: Agnes De Mille
- Einrichtung für die Volksoper: Marcel Prawy
Besetzung:
- Billy Bigelow, Ausrufer beim Karussell: Bernd Weikl
- Julie Jordan, Arbeiterin in der Weberei: Hildegard Heichele
- Carrie Pipperidge, Arbeiterin: Dagmar Koller
- Mr. Snow: Herbert Prikopa
- Jigger Craigin, Walfischjäger: Hans Kraemmer
- Nettie Fowler, Wirtin: Carol Brice
- Mrs. Mullin, Inhaberin des Karussells: Ingold Platzer
- Mr. Bascombe, Inhaber der Weberei: Wolfgang Zimmer
- Der himmlische Freund: Gerhard Senft
- Inspektor beim Himmelskarussell: Hans Thimig
- Luise, Billys Tochter: Christina Klein
- Mr. Snow jr.: Hermann Lehr
- Ein Polizist: Friedrich Nidetzky
- Schuldirektor: Eduard Fritsch
- Kapitän: Wolfgang Jeschek
- Matrose: Helmut Randers / Odo Lachmann
- Jongleur: Merano
- Miksa, Oberkellner: Eduard Fritsch
- Groom: Hans Pirringer
- Lakai: Helmut Randers
Premierenchronik
USA | UA | 19. April 1945 | Majestic Theatre, New York |
GB | EA | 7. Juni 1950 | Drury Lane Theatre, London |
A | Dspr. EA | 15. Oktober 1972 | Volksoper, Wien |
D | EA | 4. September 1981 | Pfalztheater, Kaiserslautern |
Inhaltsangabe
"Wegen ihrer Liebe zueinander werden der leichtlebige Karussellausrufer Billy und die Fabrikarbeiterin Julie entlassen und somit arbeitslos. Um zu Geld zu kommen, da Julie ein Kind erwartet, lässt sich Billy zu einem Raubüberfall überreden, der fehlschlägt. Als er verhaftet werden soll, stößt sich Billy ein Messer ins Herz.
Nach 15 Jahren darf er für einen Tag vom Himmel auf die Erde zurückkehren. Er nimmt einen Stern mit auf die Reise zu seiner Tochter. Das Mädchen erkennt ihren Vater nicht, aber Julie ahnt, was geschah, und weiß, dass der Stern dem bislang freudlosen Kind in eine bessere Zukunft leuchten wird."
(Verlagsangaben: www. concordtheatricals.de [abgerufen 14. April 2021])
Kritiken
"Franz Molnar galt und gilt als ein Meister des Boulevard-Lustspiels. Sein 'Liliom' aber ist ein Stück von besonderem Charakter, ein Volksstück mit dunklem sozialem Hintergrund. Wenn dieser verfälscht wird und die Aussage verflacht, dann stellt sich, wie das in der Musicalversion der Fall ist, unweigerlich ein Maß an billiger Sentimentalität ein, mit dem wir, auch wenn das Stück am Broadway ein großer Erflog war, uns nicht befreunden können.
[...] Die Musik zu 'Karussell' ist gefällig. Doch um wirklich mitreißen zu können, fehlt ihr viel. Sie unterstreicht damit nur die Verflachung des Sujets, das sich, außer seiner Verlegung an die Küste von Neu-England, natürlich verschiedene Änderungen im Detail und bei den Personen gefallen lassen mußte.
Die Inszenierung Dietrich Haugks in der Volksoper bringt das Stück so, wie es ist, sucht ihm offenbar keine tiefere Bedeutung abzugewinnen und verzichtet auf die Straffung, die dünne Substanz vielleicht hätte kaschieren können. Und auch der Choreographie von Agnes de Mille gelingt dies nicht. Die Bühnenbilder von Oliver Smith sind eines Geistes mit dem Musicalgenre; in himmlischen Spähren wird das prompt zum Kitsch."
Norbert Tschulik: Was am Broadway ein großer Erfolg war ... muß bei uns nicht gleichfalls einer sein, das zeigt "Karussell" in der Volksoper. In: Wiener Zeitung, 17. Oktober 1972.
"Etwas beinahe Neues, immerhin Besprechenswertes. Ein eindeutiger Mißerfolg Marcel Prawys, der sich so und so und auch noch anders geirrt hat und mit 'Karussell' in der Volksoper ein Debakel erlebte, wenn es auch ganz zuletzt den üblichen Beifall in kleinerer Ausführung, im Hause gab.
[...] Verzeihung, die deutsche Textfassung von Robert Gilbert, die einem das Blut in den Adern gerinnen läßt. Es wimmelt nur so von Bullen und 'da wolln wa mal', und mehr als einmal möchte man Schnauze hinaufrufen, weil die dort oben 'seid's staad' ja nicht verstehen. Das in der Volksoper, am Währinger Gürtel, so nahe den enteren Gründen.
[...] Damit sind wir bei Agnes de Mille, die durchaus ein Kapitel Tanzgeschichte geschrieben hat und deren Choreographie zu 'Karussell' dazugehört. Daß wir sie um ein Vierteljahrhundert zu spät kennenlernen, ist ja nicht ihre Schuld, wenn man sich anstrengt, begreift man das große handwerkliche Können dieser Frau und die Poesie, die einmal ihre Wirkung gehabt haben muß. Vorbei, vorbei!
Christopher Keene dirigiert, Dietrich Haugk vermeidet als Regisseur keine Längen. Oliver Smith und Stanley Simmons haben Bilder und Kostüme gemalt, die in New York Nostalgie bewirken müßten. Hier aber ist aber eben alles anders, und somit könnte nur noch ein nachträglicher Ansturm auf die Volksopernkasse das Premierenurteil abändern. Wunder sind schon geschehen. erwarten würde ich sie, diesmal, nicht."
Franz Endler: Nichts erinnert an Liliom. Die Volksopernproduktion von 'Karussell' wurde zum Debakel. In: Die Presse, Seite 5, 17. Oktober 1972.
"Dietrich Haugk (Regie), Oliver Smith (Bühnenbild) und Stanley Simmons (Kostüme) haben wirklich ganze Arbeit geleistet, keine Kosten und Mühen gescheut und so lange geputzt, poliert, gelackt, bis alles - Dialoge, Augenaufschläge, Gartenlaube, Haarmaschen, Hutschpferde, Himmelszauber - so glitzert wie der falsche Straßstern, den Liliom, Pardon: Billy, in der letzten Szene klaut.
Dabei haben sie Riesenglück gehabt. Denn Chrsitopher Keene, der brillante junge Dirigent, und Agnes de Mille, die bewundernswerte alte Dame und Choreographin, steuerten jenen Witz und Schmiß bei, der allein das Stück heute noch zum Leben erweckt. Und die Besetzung - von Prawy wie immer aus allen Ecken zusammengeholt - ist ein seltener Glücksfall, eine Kette ohne schwaches Glied. Choristen und Tänzer der Volksoper haben endlich Gelegenheit, ihr Können und ihre Einsatzbereitschaft zu demonstrieren."
Andrea Seebohm: Molnar in Marzipan. Volksoper: deutsche Erstaufführung von Rodgers' und Hammersteins Musical "Karussell". In: Kurier, Seite 10, 17. Oktober 1972.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Carousel". Original Broadway Cast, New York 1945. Decca 157980. (1xCD).
- "Carousel". Original London Cast, London 1950. Columbia SED 5536. (1xEP).
- "Carousel". Soundtrack der Verfilmung, 20th Century Fox 1956. Angel 27352. (1xCD).
Literatur
- Ferenc Molna: Liliom - Vorstadtlegende in sieben Bildern und einem szenischen Dialog. Bearbeitet von Alfred Polgar. Ditzingen, Deutschland: Reclam o. J.
- Todd S. Purdam: Something Wonderful: Rodgers and Hammerstein's Broadway Revolution. New York: Henry Holt and Co. 2018.
Kommentar
Das Programmheft liegt bislang nicht vor, so dass die Angaben zur Besetzung aus Publikationen der Volksoper Wien entnommen werden mussten.
Empfohlene Zitierweise
"Karussell (Carousel)". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 25. Oktober 2022.