Grand Hotel [Linz]
Musical
Musik und Songtexte von Robert Wright und George Forrest
Zusätzliche Musik und Songtexte von Maury Yeston
Buch von Luther Davis
Nach Vicki Baums Roman "Menschen im Hotel"
Deutsche Übersetzung von Roman Hinze
Inszenierung
Österreichische Erstaufführung: 16. Januar 2016
Landestheater, Linz, Österreich
- Regie: Andy Hallwaxx
- Choreografie: Simone Eichenberger
- Musikalische Leitung: Bela Fischer jr. / Borys Sitarski
- Bühnenbild: Karl Fehringer / Judith Leikauf
- Kostüme: Silvia Fritz
Besetzung:
- Doktor Otterschlag, Arzt: Erich Josef Langwiesner
- Flämmchen, Stenotypistin: Anais Lueken
- Otto Kringelein, ein Buchhalter: Rob Pelzer
- Baron Felix von Gaigern: Alen Hodzovic
- Elisaweta Gruschinskaja, Primaballerina: Daniela Dett
- Raffaela, ihre Vertraute: Ariana Schirasi-Fard
- Hermann Preysing, Geschäftsmann: Georg Bonn
- Erik, Portier: Konstantin Zander
- Rohna, Hotelmanager: Harald Bodingbauer
- Jimmy 1, amerikanischer Entertainer: Julius Williams
- Jimmy 2, amerikanischer Entertainer: Cedric Lee Bradley
- Sandor, Impresario: Peter-Andreas Landerl
- Witt, Ballettmanagerin: Eva-Maria Aichner
- Zinnowitz, Anwalt: Riccardo Greco
- Georg Strunk, Hotelpage: Philip Ranson
- Chauffeur, ein Gangster: Jerome Knols
- Madame Pipi, Toilettenfrau / Hildegard Bratz, Telefonistin: Clara Mills-Karzel
- Anita Berber, Tänzerin / Sieglinde Holzheim, Telefonistin: Lynsey Thurgar
Premierenchronik
USA | UA | 22. November 1989 | Martin Beck Theatre, New York |
D | Dspr. EA | 25. Januar 1991 | Theater des Westens, Berlin |
GB | EA | 5. Juli 1992 | Dominion Theatre, London (US-Tournee) |
A | EA | 16. Januar 2016 | Landestheater, Linz |
Inhaltsangabe
"Berlin 1928. Wir tauchen ein in das mondäne Leben des Grand Hotels. Hier treffen sich die Damen und Herren von Welt, Geschäftsleute, Künstler, Lebemänner - und ein bißchen Halbwelt.
Da ist der Arzt, Doktor Otternschlag, dessen Gesicht eine Kriegsverletzung entstellt und der schon eine halbe Ewigkeit hier wohnt und auf Post wartet. Sein Schicksal hat ihn zynisch gemacht. Seinen Platz hat er in der Hotelhallle, und von hier aus beobachtet er das Leben - im Grand Hotel - und überhaupt . . . Wir sehen den Baron von Gaigern durch die Halle schlendern, ein fescher Kerl, ein Frauentyp - aber er scheint in einer bösen Klemme zu stecken. Der Baron ist nämlich keineswegs wohlhabend, wie es den Anschein hat - er ist in Geldschwierigkeiten. Natürlich gibt es auch das Personal in einem Grand Hotel. Die dienstbaren Geister, die den Betrieb am Laufen halten - was denken sie angesichts all des Reichtums, den sie hier greifbar vor Augen haben? "Man hat's, man hat's nicht! Warum? Sie leben hier und fressen für tausend Mark am Tag. Im Dunkeln schuften wir, füllen grad den Magen hier - für'nen Tag, Woche, Monat, Jahr - und werden niemals reich!"
Die alternde Primaballerina Elizaveta Grusinskaja hat ganz andere Sorgen. Mit ihrer Ballett-Truppe und großem Gefolge ist sie auf ihrer vierten Abschiedstournee - oder ist es schon die fünfte? Das Publikum bleibt weg, die Presse wird schlechter - was tun? Absagen? Elizaveta ist verzweifelt. Sie will nicht auftreten am Abend, im Theater des Westens.
Plötzlich betritt ein kleiner Mann mit einem abgewetzten Koffer das Grand Hotel. Sein Mantel ist nicht gerade die letzte Mode und scheint außerdem noch viel zu groß für ihn zu sein. Hinter dicken Brillengläsern schielen ein paar weit aufgeschlagene Augen durch die Hotelhalle. Otto Kringelein, Buchhalter aus Fredersdorf. Er sieht nicht ganz gesund aus. Herr Kringelein möchte im Grand Hotel wohnen. Was mag es damit auf sich haben?
In der Café-Bar begegnen wir den zwei Jimmys, die eine flotte Jazz-Nummer singend, nach den Mädchen Ausschau halten. Die junge, hübsche Sekretärin Frieda Flamm, genannt "Flämmchen", gesellt sich zu ihnen. Eigentlich wartet sie ja hier auf den Generaldirektor Preysing, der sie bestellt hat - aber viel lieber wäre sie in Hollywood und ein gefeierter Filmstar! Doch zunächst lernt sie den feschen Baron von Gaigern kennen. Beide fliegen sofort aufeinander und verabreden ein Rendezvous für den Nachmittag im "Gelben Pavillon".
Den Generaldirektor Preysing von der "Saxonia Baumwoll AG" plagen massive Geschäftssorgen. Seinem Betrieb droht der Bankrott, wenn nicht die Fusion mit Boston zustande kommt! Doch das ist mehr als unsicher. Eine kleine Lüge würde ihn ersteinmal aus seiner prekären Lage befreien, rät der Anwalt Zinnowitz. Aber Preysing ist das Muster eines ehrenhaften Geschäftsmannes und weist den Gedanken zunächst weit von sich. Doch, man wird sehen ...
Im "Gelben Pavillon" tanzt inzwischen das Flämmchen mit Herrn Kringelein, der, wie wir inzwischen wissen, ein todkranker Mann ist. Seine sämtlichen Ersparnisse hat er zusammengekratzt, um wenigstens jetzt noch einmal einen Zipfel zu erwischen vom wirklichen, großen Leben. - Baron von Gaigern hat schon das Geld in Kringeleins Tasche gewittert und versucht, ihn zu Börsenspekulationen zu überreden. Doch im Grunde ist der Baron kein schlechter Mensch - er wird sich eine andere Gelegenheit suchen, um zu Geld zu kommen ...
Im Schutz der Dunkelheit sucht er den Weg in das Zimmer der Primaballerina Gruzinskaja. Ihr Perlencollier ist in aller Welt berühmt und um diese Zeit tritt sie doch im Theater des Westens auf - (was der Baron nicht wissen kann: die Ballerina hat das Theater längst verlassen, tief deprimiert und verzweifelt: zum ersten Mal kein Dakapo!) - Plötzlich geht das Licht an und die Gruzinskaja steht im Zimmer!
Der Baron rettet die Situation mit seinem Charme - und wie das Leben so spielt, die beiden verlieben sich ineinander! (Es versteht sich von selbst, daß er unter diesen Umständen auf die Perlen verzichtet!) - Als die beiden Liebenden sich im Morgengrauen trennen, hat Elizaveta neuen Lebensmut geschöpft - Felix wird sie am Bahnhof erwarten, mit einem Arm voller roten Rosen ...
Auf rote Rosen hat auch Flämmchen gehofft, doch Felix, der Baron, hat nur noch Augen für die Tänzerin. Flämmchen ist enttäuscht, doch pragmatisch wie sie ist, nimmt sie Preysings Angebot an, mit ihm nach Boston zu reisen. Wenn schon keine Liebe, dann wenigstens Geld - und von Boston nach Hollywood ist es ja nur ein Katzensprung!
Die Geldprobleme des Barons konnten noch immer nicht gelöst werden. Vielleicht ist bei dem Geschäftsmann aus der Provinz was zu holen? Bei Herrn Generaldirektor Preysing sind, nachdem er sich doch für den "Krummen Weg" entschieden hat, jegliche Schranken gefallen. Der ehemals ehrenwerte Geschäftsmann und brave Familienvater hat sich seine Sekretärin mit aufs Zimmer genommen, die er mit sexuellen Wünschen drangsaliert.
In dieser Situation überrascht der diebische Baron die beiden. Es kommt zu einer Auseinandersetzung - es fällt ein Schuß! Alles löst sich auf, plötzlich erscheint auf geisterhafte Weise ein Bahnhof, Felix hält einen Strauß roter Rosen im Arm - doch die wird er nicht mehr überbringen können ... FINALE!"
(aus dem Programmheft zur deutschsprachigen Erstaufführung)
Kritiken
"Allgemein hält sich aber die Inszenierung von Andy Hallwaxx dezent mit Einfällen zurück, vielmehr konzentriert er sich darauf, die Stimmung und das geschäftige Treiben in einem Hotel nachvollziehbar zu machen. Zeitweise laufen Szenen simultan im Rund der Arena ab, er schafft es aber, immer den Fokus auf die zentrale Handlungsmomente zu lenken. Und doch wünscht man sich zwischendurch etwas mehr Schwung und mehr Mut zu eigenständigen Regieeinfällen.
Das Bühnenbild von Karl Fehringer und Judith Leikauf versprüht wenig Glamour, bietet aber mit seinen Podesten, kleinen Bühnen, einer Bar und einer stilisierten Rezeption den idealen Rahmen für die verschiedenen Handlungen. Musikalisch liegt der Abend bei Bela Fischer jr. in sicheren Händen. Er betont die jazzigen Elemente, schwelgt im typischen Broadwaysound - und man hätte ihm einige Musiker mehr gewünscht."
Thomas Thalhammer: Grand Hotel - Ein erinnerungswürdiger Theaterabend. In: Das Musical, die Musicalzeitschrift, Heft 178, April/ Mai 2016, Seite 29-31.
"Auch wenn es keine Hits enthält, ist der pausenlose Soundtrack, der die Szenen revueartig ineinander fließen lässt, eingängig und melodiös — auch ein Verdienst des beherzt aufspielenden Live-Septetts unter Bela Fischer jr. Ob Charleston, Foxtrott oder Tango: Simon Eichenberger choreografierte die zweieinhalbstündige Produktion (eine Pause) trotz 18 Darstellern auf oft engem Raum nicht nur kollisionsfrei, sondern schwungvoll und elegant. Für die Eleganz zeichnet dabei vor allem noch Daniela Dett verantwortlich, die als zickige Diva vollendete Grazie verkörpert. Außer ihr gefallen gesanglich wie schauspielerisch besonders noch Anais Lueken als Stenotypistin und Alen Hodzovic als Baron. Prägnant auch Georg Bonn als soignierter Geschäftsmann. Die berührendste Vorstellung liefert Rob Pelzer als kleiner jüdischer Buchhalter: die personifizierte Unschuld vom Lande, mit Stock und Hut an Charlie Chaplin erinnernd. Im Verein mit dem gleichfalls überzeugenden Rest des Ensembles, im pfiffigen Bühnenbild (Karl Fehringer, Judith Leikauf) und in stimmigen Kostümen (Silvia Fritz) stellen sie das mondäne Berlin der „Roaring Twenties“ überaus glaubhaft und kurzweilig auf die Bühne."
Andreas Hutter: Als Berlin nach Zukunft schmeckte. Österreichische Erstaufführung: Musical "Grand Hotel" am Linzer Landestheater. In: Neues Volksblatt, 18. Januar 2016, Seite 21.
"Es ist schon eine große Freude, diesem wunderbaren Ensemble samt den für diese Musical-Produktion engagierten Gästen zuzusehen und zuzuhören! Umso mehr wäre dafür ein größerer Rahmen zu wünschen, denn in der Arena im Schauspielhaus stößt dieses 'Grand Hotel' an seine Grenzen - sowohl vom Platzangebot als auch von der Akustik. Das offensichtliche Bemühen der Regie, dem um das Bühnenoval sitzenden Publikum von allen Plätzen beste Sicht zu verschaffen, kann in diesem Raum einfach nicht gelingen.
Das aber ändert nichts daran, dass Andy Hallwaxx ein gut durchdachtes Konzept erarbeitet hat, wer wann wie und wo abgeht oder auftritt. Das scheinbare Chaos ist bestens geordnet, denn manchmal wuselt es schon ordentlich auf der Bühne bei insgesamt 18 Darstellern. Wozu auch der Inhalt beiträgt, denn 'Grand Hotel' nach dem 1929 erschienenen Roman 'Menschen im Hotel' der gebürtigen Wiener Autorin Vicky Baum (1888-1960) ist kein Szeneabfolge-Musical, sondern alles ist irgendwie miteinander verwoben, greift ineinander und passiert oft parallel - wie es eben in einem Hotel in verschiedenen Zimmern, der Lobby, den Bars usw. ist.
[...] Beste Retro-Unterhaltung auf hohem künstlerischem Niveau in homogener Ensembleleistung.
Silvia Nagl: Jeder sucht ein Stück vom Glück. Unterhaltsame Premiere des Musicals "Grand Hotel" in der Arena des Landestheaters Linz. In: Oberösterreichische Nachrichten, 18. Januar 2016, Seite 13.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- OBC/SC 1992 RCA Victor 09026 61327-2 (1xCD)
Empfohlene Zitierweise
"Grand Hotel". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 4. November 2022.