Grand Hotel
Musical
Musik und Songtexte von Robert Wright und George Forrest
Zusätzliche Musik und Songtexte von Maury Yeston
Buch von Luther Davis
Nach Vicki Baums Roman "Menschen im Hotel"
Deutsche Übersetzung von Erika Gesell und Christian Severin
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 25. Januar 1991
Theater des Westens, Berlin, Bundesrepublik Deutschland
- Regie und Choreografie: Tommy Tune
- Musikalische Leitung: Rolf Kühn / Steven Smith
- Bühnenbild: Tony Walton
- Kostüme: Santo Loquasto
- Lightning Design: Jules Fisher
- Chor: Ludwig de Ridder
Besetzung:
- Elizaveta Grusinskaja: Leslie Caron / Elke Rieckhoff
- Baron Felix von Gaigern: Ferdinand von Plettenberg / Jürgen Wagner
- Otto Kringelein: Helmut Baumann / Heinz Rennhack
- Generaldirektor Preysing: Werner Kreindl / Don Balmer
- Raffaela Ottanio: Isabel Weicken
- Oberst Doktor Otternschlag: Robert Dietl / Neidhardt Nordmann
- Flämmchen: Michelle Becker
- Zwei Jimmys: F. Dion Davis / Eddie Jordan / Eric Lee Johnson
- Erik: Cusch Jung
- Zinnowitz: Don Balmer / Horst Schön
- Rhona: Jochen Schröder
- Sandor: Martin Pichler / Anton Rattinger
- Witt: Jeffry Judson
- Chauffeur: Andreas Hoppe
- Madame Pipi: Monica Solem
Telefonistinnen:
- Wölfi Bratz: Janet Calvert
- Hildegard Bratz: Pascale Camele
- Sieglinde Holzheim: Ina Retzbach
Tellerwäscher:
- Ernst Schmidt: Rolf Decker
- Werner Holst: Ulf Dietrich
- Gunther Gustav: Felix Müller
- Franz Kohl: Guido Zimmermann
Pagen:
- Hanns Bittner: Klaus Grebenteuch
- Georg Strunk: Goetz Hellriegel
- Willibald, Hoteldiener: Joel Kirby
- Kurt Kronenberg: Oliver Konrad
- Die Gräfin: Barbara Biedermann / Stefanie Erhard
- Der Gigolo: Frank Wiegand / Andreas Fischer
- Zwei Tootsies: Janet Calvert, Ina Retzbach
- Hotelkursiane: Ina Retzbach
- Trude, ein Mädchen: Pascale Camele
- Wagenmeister: Bernhard Majcen
- Inspektor: Rolf Decker
Premierenchronik
USA | UA | 22. November 1989 | Martin Beck Theatre, New York |
D | Dspr. EA | 25. Januar 1991 | Theater des Westens, Berlin |
GB | EA | 5. Juli 1992 | Dominion Theatre, London (US-Tournee) |
A | EA | 16. Januar 2016 | Landestheater, Linz |
Inhaltsangabe
"Berlin 1928. Wir tauchen ein in das mondäne Leben des Grand Hotels. Hier treffen sich die Damen und Herren von Welt, Geschäftsleute, Künstler, Lebemänner - und ein bißchen Halbwelt.
Da ist der Arzt, Doktor Otternschlag, dessen Gesicht eine Kriegsverletzung entstellt und der schon eine halbe Ewigkeit hier wohnt und auf Post wartet. Sein Schicksal hat ihn zynisch gemacht. Seinen Platz hat er in der Hotelhallle, und von hier aus beobachtet er das Leben - im Grand Hotel - und überhaupt . . . Wir sehen den Baron von Gaigern durch die Halle schlendern, ein fescher Kerl, ein Frauentyp - aber er scheint in einer bösen Klemme zu stecken. Der Baron ist nämlich keineswegs wohlhabend, wie es den Anschein hat - er ist in Geldschwierigkeiten. Natürlich gibt es auch das Personal in einem Grand Hotel. Die dienstbaren Geister, die den Betrieb am Laufen halten - was denken sie angesichts all des Reichtums, den sie hier greifbar vor Augen haben? "Man hat's, man hat's nicht! Warum? Sie leben hier und fressen für tausend Mark am Tag. Im Dunkeln schuften wir, füllen grad den Magen hier - für'nen Tag, Woche, Monat, Jahr - und werden niemals reich!"
Die alternde Primaballerina Elizaveta Grusinskaja hat ganz andere Sorgen. Mit ihrer Ballett-Truppe und großem Gefolge ist sie auf ihrer vierten Abschiedstournee - oder ist es schon die fünfte? Das Publikum bleibt weg, die Presse wird schlechter - was tun? Absagen? Elizaveta ist verzweifelt. Sie will nicht auftreten am Abend, im Theater des Westens.
Plötzlich betritt ein kleiner Mann mit einem abgewetzten Koffer das Grand Hotel. Sein Mantel ist nicht gerade die letzte Mode und scheint außerdem noch viel zu groß für ihn zu sein. Hinter dicken Brillengläsern schielen ein paar weit aufgeschlagene Augen durch die Hotelhalle. Otto Kringelein, Buchhalter aus Fredersdorf. Er sieht nicht ganz gesund aus. Herr Kringelein möchte im Grand Hotel wohnen. Was mag es damit auf sich haben?
In der Café-Bar begegnen wir den zwei Jimmys, die eine flotte Jazz-Nummer singend, nach den Mädchen Ausschau halten. Die junge, hübsche Sekretärin Frieda Flamm, genannt "Flämmchen", gesellt sich zu ihnen. Eigentlich wartet sie ja hier auf den Generaldirektor Preysing, der sie bestellt hat - aber viel lieber wäre sie in Hollywood und ein gefeierter Filmstar! Doch zunächst lernt sie den feschen Baron von Gaigern kennen. Beide fliegen sofort aufeinander und verabreden ein Rendezvous für den Nachmittag im "Gelben Pavillon".
Den Generaldirektor Preysing von der "Saxonia Baumwoll AG" plagen massive Geschäftssorgen. Seinem Betrieb droht der Bankrott, wenn nicht die Fusion mit Boston zustande kommt! Doch das ist mehr als unsicher. Eine kleine Lüge würde ihn ersteinmal aus seiner prekären Lage befreien, rät der Anwalt Zinnowitz. Aber Preysing ist das Muster eines ehrenhaften Geschäftsmannes und weist den Gedanken zunächst weit von sich. Doch, man wird sehen ...
Im "Gelben Pavillon" tanzt inzwischen das Flämmchen mit Herrn Kringelein, der, wie wir inzwischen wissen, ein todkranker Mann ist. Seine sämtlichen Ersparnisse hat er zusammengekratzt, um wenigstens jetzt noch einmal einen Zipfel zu erwischen vom wirklichen, großen Leben. - Baron von Gaigern hat schon das Geld in Kringeleins Tasche gewittert und versucht, ihn zu Börsenspekulationen zu überreden. Doch im Grunde ist der Baron kein schlechter Mensch - er wird sich eine andere Gelegenheit suchen, um zu Geld zu kommen ...
Im Schutz der Dunkelheit sucht er den Weg in das Zimmer der Primaballerina Gruzinskaja. Ihr Perlencollier ist in aller Welt berühmt und um diese Zeit tritt sie doch im Theater des Westens auf - (was der Baron nicht wissen kann: die Ballerina hat das Theater längst verlassen, tief deprimiert und verzweifelt: zum ersten Mal kein Dakapo!) - Plötzlich geht das Licht an und die Gruzinskaja steht im Zimmer!
Der Baron rettet die Situation mit seinem Charme - und wie das Leben so spielt, die beiden verlieben sich ineinander! (Es versteht sich von selbst, daß er unter diesen Umständen auf die Perlen verzichtet!) - Als die beiden Liebenden sich im Morgengrauen trennen, hat Elizaveta neuen Lebensmut geschöpft - Felix wird sie am Bahnhof erwarten, mit einem Arm voller roten Rosen ...
Auf rote Rosen hat auch Flämmchen gehofft, doch Felix, der Baron, hat nur noch Augen für die Tänzerin. Flämmchen ist enttäuscht, doch pragmatisch wie sie ist, nimmt sie Preysings Angebot an, mit ihm nach Boston zu reisen. Wenn schon keine Liebe, dann wenigstens Geld - und von Boston nach Hollywood ist es ja nur ein Katzensprung!
Die Geldprobleme des Barons konnten noch immer nicht gelöst werden. Vielleicht ist bei dem Geschäftsmann aus der Provinz was zu holen? Bei Herrn Generaldirektor Preysing sind, nachdem er sich doch für den "Krummen Weg" entschieden hat, jegliche Schranken gefallen. Der ehemals ehrenwerte Geschäftsmann und brave Familienvater hat sich seine Sekretärin mit aufs Zimmer genommen, die er mit sexuellen Wünschen drangsaliert.
In dieser Situation überrascht der diebische Baron die beiden. Es kommt zu einer Auseinandersetzung - es fällt ein Schuß! Alles löst sich auf, plötzlich erscheint auf geisterhafte Weise ein Bahnhof, Felix hält einen Strauß roter Rosen im Arm - doch die wird er nicht mehr überbringen können ... FINALE!"
(aus dem Programmheft zur deutschsprachigen Erstaufführung)
Kritiken
"Am wenigsten überzeugt ´Grand Hotel´ von der musikalischen Seite. Eine Prise Charleston und Foxtrott, ein Schuß Jazz, Ballhaus-Musik der 20er Jahre, gelegentlich an John Kander angelehnte Rhythmen. weder störend, noch sonderlich interessant, ohne markante Handschrift (bei drei Komponisten kaum verwunderlich), einfach austauschbar. Die Musik spielt eben nicht nur oft Dialoge untermalend im Hintergrund - sie hat vorwiegend Hintergrund-Charakter, ist belanglos. Das Orchester (Musikalische Leitung: Rolf Kühn) gibt sein Bestes. [...]
Die Darsteller sind ständig in Bewegung, meist passieren mehrere Dinge gleichzeitig, und sei es, daß nur ein Tanz-Pärchen im Hintergrund vorbeischwebt. Einzelne Dialoge werden oft als Gesprächsfetzen nur rasch beleuchtet, und schon findet sich das Publikum in einem anderen Zimmer wieder. Das Geschehen rotiert - kommentiert durch den vorwiegend am Bühnenrand sitzenden Oberst Otternschlag - wie die Drehtür am Hotel-Eingang. Ohne mit irgendwelchen spektakulären Verwandlungen aufzuwarten, ist ´Grand Hotel´ ein Musical fürs Auge.[...]
Die eigentlichen Stars des Abends kommen aus dem Theater des Westens und heißen Michelle Becker und Helmut Baumann. Michelle Becker legt einerseits mit überschäumendem Temperament ein loderndes ´Flämmchen´ aufs Parkett, und macht einen andererseits betroffen, wenn Preysing ihr befiehlt, ihr Höschen auszuziehen. Beklemmende Momente liefert eindrucksvoll auch Helmut Baumann als 'kleiner' jüdischer Buchhalter Otto Kringelein, der im Angesicht des Todes alles Geld zusammengekratzt hat, um wenigstens einmal im ´Grand Hotel´ abzusteigen und 'große Welt' zu erleben. Wunderbar seine Wandlung vom untertänigen, schüchternen kleinen Mann zum liebenswürdigen, Smoking-tragenden (fast) Mann von Welt, der mit dem Baron zur Begeisterung des Publikums eine kesse Sohle hinlegt, und plötzlich gar nicht mehr so schmächtigt wirkt."
Gerhard Knopf: Grand Hotel - Das Musical. In: Das Musical, die Musicalzeitschrift, Heft 27, Februar / März 1991, Seite 8 - 10.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- OBC/SC 1992 RCA Victor 09026 61327-2 (1xCD)
Empfohlene Zitierweise
"Grand Hotel". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 17. Dezember 2019.