Golden Girl
Musical in 12 Bildern
Musik von Hans Moeckel
Text von Hans Gmür und Karl Suter
Inszenierung
Uraufführung: 7. Februar 1967
Theater am Hechtplatz, Zürich, Schweiz
- Musikalische Leitung: Walter Baumgartner
- Regie: Karl Suter
- Bühnenbild: Fritz Butz
- Choreografische Mitarbeit: Walter Kaiser
Besetzung:
- Generaldirektor Alois Goldiger: Ruedi Walter
- Marcel Markwalder, Werbeberater: Eduard Huber
- Dr. Bert Auersbach, Werbepsychologe, Mitarbeiter der Agentur Markwalder & Marlwalder: Paul Bühlmann
- Hansueli Staub, Art-Director der Forma: Jörg Schneider
- Frau Pfister, Putzfrau: Margrit Rainer
- Mya Pfister, deren Tochter: Ines Torelli
- Sekretär / Sekretärinnen / Mannequins / Modefotografen und Fotografinnen / Reporter / Beat-Band / Tessinerin / Brautjungfern / Liftgirl / Coiffeuse / Maquilleuse u.a.m.: Renate Fetscherin, Annet Rusca, Vincenzo Biagi
Musikalische Begleitung
- am Flügel: Walter Baumgartner
- Guitarre, Schlagzeug: Emil Heer
- Bassguitarre: Bodo Suss
Premierenchronik
CH | UA | 7. Februar 1967 | Theater am Hechtplatz, Zürich |
D | EA | 6. Mai 1968 | Theater am Kurfürstendamm, Berlin |
Inhaltsangabe
"Golden Girl" spielt in der Werbebranche. Der Suppenfabrikant Alois Goldiger hat Sorgen: Seine Produkte verkaufen sich nicht mehr ausreichend. Er beauftragt die Werbeagentur Markwalder & Markwalder mit der Entwicklung einer zeitgerechten Verkaufsstrategie. Die Werber präsentieren das Konzept des „Golden Girl“ („Golden“ von Goldiger), ein Kunstgesicht, das künftig als eine Art idealer Suppen-Fee für die Produkte werben soll. Goldiger jedoch meint, dass es sich um ein reales Mädchen handele und will sie kennenlernen. Die eitlen Werbeleute – Karikaturen der Kriecherei – trauen sich nicht, ihren Auftraggeber auf das Missverständnis hinzuweisen und begeben sich auf die Suche nach einem Mädchen, das zumindest dem erfundenen Gesicht ähnelt. Die Putzfrau in der Agentur erkennt gewisse Ähnlichkeiten mit ihrer Tochter Maya, die ihrer Meinung nach missraten und unter die Gammler gegangen sei; zusammen mit anderen Langhaarigen spielt sie in einer Beat-Band. Man holt das Mädchen herbei, dreht mit ihr einige Werbefilme – und feuert sie wieder. Als jedoch die Kampagne größeren Erfolg hat als erwartet, die Öffentlichkeit gar nach Homestorys über das Mädchen fragt, will man Maya dauerhaft verpflichten, zumal Goldiger – obwohl bereits jenseits der 70 Jahre – sie am liebsten heiraten würde. Doch sie entscheidet sich zum Schluss stattdessen für den netten, aber schüchternen jungen Hansueli Staub aus der Werbeagentur.
(Wolfgang Jansen)
Kritiken
"Auf dem Gebiet der spritzigen, witzigen und amüsanten Theaterunterhaltung ist Zürich für mindestens drei Monate gerettet. Der unternehmungsfreudige Produzent Edi Baur hat auf sein erfolgreiches Bibi-Balù-Team zurückgegriffen: Hans Gmür und Karl Suter tauchten ins Werbemilieu und schufen zusammen mit dem Komponisten Hans Moeckel das neue Musical ´Golden Girl´. Es wurde am Dienstag im Theater am Hechtplatz uraufgeführt. Möglicherweise hauen wir - was der Meterologischen Zentralanstalt recht ist, kann uns nur billig sein - mit unserer Prognose daneben. Aber wir sind überzeugt, dass ´Golden Girl´ genauso einschlagen wird wie die Vorgängerin ´Bibi-Balù´. [...]
Die Handlung ist überaus bühnengerecht aufgebaut, Karl Suters treffliche Dialoge leben glücklicherweise von heiterm, knappgefasstem Witz stattt von Kalauern, und Hans Gmürs, von Moeckel teils hübsch und originell, teils leicht klischeehaft vertonte Chansons zeugen - allen voran Ruedi Walters herrlicher Spätleseplausch ´Me hätt e Heidespass´ - einmal mehr von seiner überzeugenden Begabung einerseits und von seinem Hang zu skurrilen und verspielten Reimen anderseits. Man kann sich höchstens fragen, warum Paul Bühlmann im Mundartgespräch ´wozue?´ sagen, warum es partout ´in Züri´ heissen muss, warum es in Chansonstexten nicht ohne ´E Frau wo keinem gfalle wett´ und ´Eusereine chönnt das au´ geht. Nicht ein Teil der Radiosprecher, aber Mundartfreunde werden sich daran stossen."
he.: "Golden Girl" - heiterer Volltreffer, Eine erfolgreiche Uraufführung im Hechtplatztheater. In: Tages Anzeiger, 9. Februar 1967.
"Die bösen Zungen hatten unrecht. Denn was sich nach dem Champagnerausschank auf der Bühne des Hechtplatztheaters ereignete, war nicht weniger als eine Sternstunde der leichten Muse. Nicht von Papas leichter Muse, sondern von jener durchaus heutigen, die im Minijupe auftritt und anstelle der Operettenseligkeit den kabarettistischen Witz, die Parodie und die Ironie zu ihren Helfern macht.
Wer das Metier kennt, der mag diese Uraufführung nicht ohne Bedenken erwartet haben; jedermann wußte, daß sie von den gleichen Leuten in Szene gesetzt wurde, die nach ihrem einmaligen Erfolg mit der erstgeborenen ´Bibi-Balù´ das Schwesterchen ´Golden Girl´ zur Taufe trugen, und im allgemeinen gilt bei Theater, Film und ähnlichem, daß die Nachgeborenen eines eklatanten Erfolges sich mit schwächerem Abglanz begnügen müssen. Die Befürchtungen waren umsonst. ´Golden Girl´ ist eine würdige Nachfolgerin, eine originale, hat mit ´Bibi-Balù´ wenig gemeinsam, ist eine eigene Persönlichkeit, die zweifellos ebenso viele Verehrer finden wird wie ihre Vorgängerin.
War es bei der Erstgeburt des Zürcher Musicals der falsche Wohltätigkeitsrummel, den man ebenso frech wie witzig parodiert hatte, so ist es diesmal der Reklame-, Werbe- und Publizitätsrummel, der sich als ebenso dankbar für eine Verulkung erweist."
pz.: Theater am Hechtplatz, Uraufführung des Musicals "Golden Girl". In: Neue Zürcher Zeitung, 8. Februar 1967.
"´Oper einer Privatbank´ nannte Friedrich Dürrenmatt sein Stück ´Frank V.´ im Untertitel (es wird kommende Woche im Fernsehen gezeigt), und die Zürcher liessen sich diese groteske Grusel-Parodie auf eine ihrer liebsten und berühmtesten Institutionen gefallen; es war ja leicht so zu tun, als hätte das Masken-Zerrbild nicht das Entfernteste mit dem realen Gesicht der ´Gnomen von Zürich´ zu tun. Nun zeigt Edi Baurs ´Bibi-Balù´-Team im Theater am Hechtplatz ein Bühnen-Opus, das eine andere für das heutige Zürich bezeichnende Institution persifliert: ´Golden Girl´ ist das ´Musical einer Werbeagentur´. Aber es ist auch hier kein Aufstand der Branche zu fürchten (die seinerzeit auf Diggelmanns ´Verhör des Harry Wind´ recht empfindlich reagierte). Nicht, dass die groteske Ueberzeichnung so mörderische Formen annimmt wie bei ´Frank V.´ und deshalb nicht mehr als Spiegel der Realität ernstgenommen zu werden braucht. Nein, hier ist es die Liebenswürdigkeit der Persiflage, war ihr die Spitze bricht. Werbeleute waren denn auch an der festlichen Gala-Premiere vom Dienstagabend zahlreich im Theater am Hechtplatz vertreten, und sie klatschten belustigt mit. Die Liebenswürdigkeit ist zugleich die Erfolgschance und die Gefahr von ´Golden Girl´. [...]
Man ist angriffig im Detail; aber kaum sind die Pointen gefallen, wird wieder der Mantel des ´Sind lieb mitenand´ darüber gebreitet."
(ohne Namen): Musical einer Werbeagentur, Uraufführung im Theater am Hechtplatz. In: Volksrecht, 9. Februar 1967.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Golden Girl". Original Schweizer Cast, Theater am Hechtplatz, Zürich, Studio-Einspielung 1967, Ex Libris SG 6722. (Vinyl, 1xLP)
Literatur
- Nicolas Baerlocher, Dominik Flaschka (Hrsg.): Jetzt erst Hecht, 50 Jahre Theater am Hechtplatz. Zürich: Neue Zürcher Zeitung 2008.
- Wolfgang Jansen: "Me muess halt mit dr Zyt goh", Zu den Anfängen des schwyzerdütschen Musicals. In: Ders.: Musicals, Geschichte und Interpretation. Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 170-180.
Kommentar
Für die bundesdeutsche Erstaufführung wurde das Schweizer Originaltextbuch von Dieter Hildebrandt ins Hochdeutsche übertragen.
Empfohlene Zitierweise
"Golden Girl". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 18. April 2021.