Girl Crazy
Musical
Musik von George Gershwin
Buch von Guy Bolton
Liedtext von Ira Gershwin
Deutsche Fassung, Buch und Liedtexte von Lys Bert Symonette
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 13. September 1963
Theater an der Berliner Allee, Düsseldorf, Bundesrepublik Deutschland
- Regie: Fred Nolte
- Musikalische Gesamteinstudierung: Lys Bert Symonette
- Choreografie: Nat Horne
- Bühnenbild: Rudolf Wieczorek
- Kostüme: Hanns Friedrichs
- Musikalische Leitung: Klaus Doldinger
Es spielen Klaus Doldinger und sein Quartett (Ingfried Hoffmann, Helmut Kandelberger, Klaus Weiss).
Besetzung:
- Danny Churchill: Helge Grau
- Molly Gray: Lydia Weiss
- Gieber Goldfarb: Martin Rosenstiel
- Kate Fothergill: Rita Paul
- Slick Fothergill: Hans Hansen
- Sam Mason: Kurt Liederer
- Lank Sanders: Hanns Thoenies
- Pepe: Peter Thomas
- Flora Jane: Chris Carine
- Tess Parker: Edith Molik
- Patsy West: Olly Gubo
- Any: Ingrid Hoppe
- Adlerauge / D´Errico: Harald Moslener
- Jake Howell: Leo Decker
- Jim / Reale: H. Alfried Breuer
- Jonny: Ach. v. Othegraven
- Jerry: Werner Ekrut
- Jesse: Helmut Bartz
Premierenchronik
USA | UA | 14. Oktober 1930 | Alvin Theatre, New York |
D | Dspr. EA | 13. September 1963 | Theater an der Berliner Allee, Düsseldorf |
Inhaltsangabe
Reicher New Yorker Playboy wird zur Besserung von dem Vater in die Provinz verbannt. Dort besitzt die Familie eine brachliegende Ranch, die er auf Vordermann bringen soll. Dies tut er dann auch, aber indem er seine Freunde aus New York holt, die Ranch in einen Entertainmentpalast verwandelt, zwangsläufig das langweilige dörfliche Leben aufheizt und zum Schluss die hübsche Postbotin des Dorfes heiratet.
(Wolfgang Jansen, 2019)
Kritiken
"Nicht nur Berlin, auch Düsseldorf hat jetzt sein neues, vielversprechendes Musical: Im Theater an der Berliner Allee erlebte ´Girl Crazy´ (´Verrückt nach Mädchen´) an diesem Wochenende seine Premiere. Dabei bediente sich das private Theaterunternehmen der Gräfin Orlowska und Fred Noltes für den europäischen Start des alten Gershwin-Musicals erstmals in Deutschland probater amerikanischer Finanzierungsmethoden: Sie verkauften Aktien an private Geldgeber, in Amerika ´Angels´, ´Engel´, genannt.
Der Mindestpreis für eine solche ´Kultur-Aktie´ beträgt 50 Mark. Das Theater hofft, solchermaßen die runden Inszenierungskosten von 60 000 Mark zusammenzubringen, und die geldgebenden ´Engel´ dürfen auf eine halbjährliche Gewinnausschüttung bis zu 20 Prozent hoffen. Wer wird da noch zweifeln, daß ihr Premierenapplaus von Herzen kam - jedenfalls aus der Herzgegend, dort, wo die Brieftasche sitzt? [...]
Im Gegensatz zu allem, was man dem amerikanischen Musical nachzurühmen pflegt, legt dieses auf eine Handlung und Lebensnähe und auf einen halbwegs literarisch vertretbaren Text keinen Wert. Regisseur Nolte noch weniger. Und die Übersetzerin Lys Symonette am wenigsten."
EO Plunien: Gershwin-Musical am Rhein, Europäischer Start für "Girl Crazy" in Düsseldorf - Cowboys auf der Bühne und Engel im Parkett. In: Welt am Sonntag, Nr. 37, 15. September 1963.
"Die Initiative zur Eindeutschung des Musicals, dessen zahllose Amerikanismen und Anspielungen sich zum Teil als unübertragbar erwiesen, stammt von Lys Bert Symonette, die selbst am Broadway im Musical-Geschäft tätig war und die auch der Düsseldorfer Oper bei der Aufführung der ´Street scene´ von Kurt Weill Hilfestellung leistete. Sie ist für die deutsche Fassung, für Buch und Liedertexte verantwortlich und leitete auch die musikalische Einstudierung. Gershwins doch wohl für ein Sinfonieorchester mit Jazzinstrumenten geschriebene Musik konnte natürlich nicht original reproduziert werden, sie wurde dem Düsseldorfer Klaus-Doldinger-Quartett anvertraut, das die Gershwinsche Partitur geschickt und mit hohem instrumentalem Witz für die Miniaturbesetzung transformierte. Daß manche Wirkung vor allem der melodiösen Nummern, die sich auf satten, sentimentalen Streicherklang stützen, verlorenging, ist nicht Doldingers Schuld. Jedenfalls gehörte das kapriziöse Spiel des Quartetts zum erfreulichsten bei dieser europäischen Erstaufführung. [...]
Die Mitwirkenden gaben sich alle erdenkliche Mühne, die Banalität und Zusammenhanglosigkeit des Stückes und die Tücken der kleinen Bühne zu überwinden."
A.N.: Was tut ein Playboy in der Wüste?, Musical im Düsseldorfer Theater an der Berliner Allee. In: Düsseldorfer Nachrichten, 16. September 1963.
"Die erste deutsche Fassung hat Lys Symonette hergestellt, und sie hat auch Retuschen im Libretto vorgenommen, deren Resultate zum Teil alte Witze sind, aber doch Witze, die noch gehen. Die große Überraschung in der Berliner Allee war die musikalische Seite; denn endlich geht´s hier musikalisch zu. Die Nummern sind vorzüglich einstudiert, die Ensembles sitzen, nichts wirkt zufällig oder verschludert. Hier hat ebenfalls Lys Symonette großartige Arbeit geleistet. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit, mit der in ´Girl Crazy´ die Musik behandelt wird, macht Freude und läßt aufhorchen.
Zweiter wesentlicher Faktor des Abends: man begnügte sich nicht mehr wie bisher damit, die Musik auf zwei Klavieren zu spielen. Kein Geringerer als Klaus Doldinger und sein Quartett mit Ingfried Hoffmann, Helmut Kandelberger und Klaus Weiß ist links vor der Bühne auf dem kleinen Podium postiert und musiziert Gershwins Schlager, wobei fleißig improvisiert wird, so daß die ganze Angelegenheit den Jazz-Einschlag bekommt, den sie gebraucht, wenn sie wirken soll. Und wirken tut sie dank Doldinger nun wirklich, zumal er es versteht, sich den Sängern, die ja zum größten Teil, wie es im Musical üblich ist, Schauspieler sind, anzupassen."
Hanspeter Krellmann: Wird "Girl Crazy" zum Lieblingskind im Westen? Zur Premiere des Gershwin-Musicals in Düsseldorf. In: Der Mittag, Nr. 214, 16. September 1963.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- SC 1952 Sony Classical/Columbia SK 60704
- SC 1953 RCA LPM-3156
- ST Soundtrack Factory 33530
Literatur
- Wolfram Schwinger: George Gershwin, Eine Biographie. Mainz/München: Schott/Piper 1983.
- Hanspeter Krellmann: George Gershwin. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. rowohlts monographien, Band 418, Reinbek: Rowohlt 1988.
- Wolfgang Jansen: "...das erste private Musical-Theater Deutschlands eröffnet", Zur europäischen Erstaufführung von George Gershwins "Girl Crazy" in Düsseldorf 1963. In: Ders.: Musicals, Geschichte und Interpretation. Gesammelte Schriften zum populären Musiktheater, Band 1, Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 238-243.
Kommentar
Die deutschsprachige Erstaufführung war zugleich die europäische Erstaufführung.
1992 kam eine Überarbeitung unter dem abgeänderten Titel "Crazy For You" am Broadway heraus, die auch von den deutschsprachigen Bühnen übernommen wurde.
Empfohlene Zitierweise
"Girl Crazy". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 20. November 2020.