Bibi-Balù
Musical
Musik von Hans Moeckel
Buch und Liedtext von Hans Gmür und Karl Suter
Inszenierung
Uraufführung: 27. Dezember 1964
Theater am Hechtplatz, Zürich, Schweiz
- Musikalische Leitung: Walter Baumgartner
- Regie: Karl Suter
- Choreografie: Albert Mol
- Bühnenbild: Fritz Butz
Besetzung:
- Frédéric Sturzenegger: Jörg Schneider
- Henry O. Luginbühl: Eduard Huber
- Oscar Kurz: Paul Bühlmann
- Emma Weideli-Oggenfuß: Margrit Rainer
- Ein Mädchen: Ines Torelli
- Barmann Mario / Journalist / zweiter Journalist / Radiosprecher / Pfarrer / Ein St. Galler / Ein Zürcher / Ein Berner / Ein Basler / Briefträger / Polizeidirektor / Fernsehregisseur / Fernsehinspizient / Kellner / Pfadfinder / Briefmarkensammler: Ruedi Walter
Premierenchronik
CH | UA | 27. Dezember 1964 | Theater am Hechtplatz, Zürich |
Inhaltsangabe
„Zwei kleine Ganoven beschließen, dem Schweizer Mädchen Bibi, das auf der Südseeinsel Balù aufopferungsvoll Kranke pflegt, zu helfen. Dass sowohl Bibi wie Balù bloß in ihrer Phantasie existieren, ist ein kleines Detail, das sie nicht stört, sondern im Gegenteil ihren Absichten sehr dienlich ist – sie wollen die eigenen Taschen füllen. Um der Sache einen seriösen Anstrich zu geben, ziehen sie noch einen Winkeladvokaten hinzu, und dann überstürzen sich die Ereignisse: Die Naturalienhilfe schwillt zu nutzlosen Bergen an, eine energische, in Wohltätigkeit erfahrene Dame erscheint, Bibi von Balù materialisiert sich plötzlich aus dem Nichts, und dann rollen die Moneten. Und zum Schluss hagelt es Pointen, die zu verraten einfach schade wäre."
(aus: Gregor Henger: Ein Musical wird geboren: Bibi Balu. In: Sie + Er, Dezember 1964.)
Kritiken
"Angetrieben von einem Produzenten, der es verdient, genannt zu werden - er heißt Edi Baur und versteht viel von seinem Metier -, haben zwei Autoren und ein Komponist [...] ein kleines Musical geschrieben und vertont, dem zum großen Musical nur Aeußerliches wie Revuebühne, Ballett, nicht aber Witz und Geist, nicht Fröhlichkeit und Frechheit, nicht Musikalität und Amüsement fehlen. Damit ist neben der fleißigen Arbeit auch schon die Leistung berührt: Sie ist bewundernswürdig. [...] Die Autoren ließen sich etwas einfallen; ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben, haben sie die Tradition der echten Kabarettisten nicht verraten: Mit einem Lächeln, eingekleidet ins Musical, wattiert mit einem helvetischen Kriminalstück, waschen sie - beinahe nebenbei - die Köpfe, wenn in ihrem Singspiel der Angriff gegen die falschverstandene Wohltätigkeit geblasen wird. Im ´klaren Wasser´ der sogenannten Menschlichkeit trübe Geschäfte zu machen, versuchen ein paar Gauner in diesem Musical, dessen kriminalistische Lösung zu verraten unfair wäre. Dies sei versichert: Man muß nicht mit guter Laune hingehen, die stellt sich von selber ein. Aber selbst wenn einem die Lösung des Falles verraten würde, das Vergnügen bliebe, weil die Handlung nur ein Element dieses Abends bildet. Ein anderes sind die musikalische Nummern. Von ´Singapur und Sansibar´, über ´Chrämpfli-Brothers´-Lullaby´, dem ´Solo für einen ungebetenen Gast´, dem ´Knigge für Heuchler´ und dem ´Duett für ältere Pfadfinder´ bis zu den ´Balùzinationen´. Die Stimmung ist entsprechend: Man wäre versucht, den Refrain mitzusingen. Dazu tragen die Musiker unter Walter Baumgartners Leitung an Gitarre, Schlagzeug, Baß, Trompete und Handorgel bei."
pz.: Theater am Hechtplatz, "Bibi-Balù". In: Neue Zürcher Zeitung, 3. Januar 1965.
"Ines Torelli sieht sehr attraktiv aus, doch scheitert sie, will mich dünken, am doch recht vielseitigen Anspruch ihrer Rolle. Was nun hinwiederum Ruedi Walter, mit seinen sechzehn Rollen, keineswegs tut - im Gegenteil. Er trifft stets mitten ins Schwarze, mime er nun einen temperamentvoll-sentimentalen italienischen Barmann, einen larmoyanten Pfarrer, einen blasierten oder einen sensationsbesessenen Journalisten, einen Schweizer aus St. Gallen, Zürich oder gar Basel... Kurz: Er ist eine Persönlichkeit, vielschichtig, vielseitig-wandelbar, ein echter, wahrer Meister cabarettistischen Raffinements. Und eine Persönlichkeit, die sicher und solid auf der Bühne steht, diese Bühne auch stets ganz ausfüllt, ist auch Margrit Rainer.
Ein Musical nennt sich das Stück. Ein Musical im eigentlichen Sinne des Wortes ist es nicht; dazu fehlen ihm die große Aufmachung und die Bedeutsamkeit der Handlung. Man könnte es allenfalls ein kammermusikalisches Musical nennen. Ganz sicher ist es vortreffliches Cabaret, Cabaret, dem es weder an geistreichem Witz, noch an der gebührenden Frechheit, nicht an heiterer Unverfrorenheit und augenzwinkender Verständnisinnigkeit fehlt. Und wie gesagt: Handlung und Musik decken sich auf höchst reizvolle, gescheite und geschickte Weise. [...]
Das Stück wird in helvetischer Mundart gespielt - nicht überall sehr stubenrein, manchmal verzweifelt nach übersetzter Schriftsprache riechend. Aber damit hat man sich heutzutage wohl resigniert abzufinden."
Gerold Fierz: Erfolg am Hechtplatz: "Bibi-Balù". In: Volksrecht, 5. Januar 1965.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Bibi-Balù". Theater am Hechtplatz, Zürich, Original Cast, Studio-Aufnahme, 1965, Columbia Club Edition 50 002. (Vinyl, 1xLP)
Literatur
- Nicolas Baerlocher, Dominik Flaschka (Hrsg.): Jetzt erst Hecht, 50 Jahre Theater am Hechtplatz. Zürich: Neue Zürcher Zeitung 2008.
- Wolfgang Jansen: "Me muess halt mit dr Zyt goh", Zu den Anfängen des schwyzerdütschen Musicals. In: Ders.: Musicals, Geschichte und Interpretation. Münster u.a.: Waxmann 2020, Seite 170-180.
Empfohlene Zitierweise
"Bibi-Balù". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 11. April 2021.