Attentäter (Assassins)
Musical
Musik und Songtexte von Stephen Sondheim
Buch von John Weidmann nach einer Idee von Charles Gilbert Junior
Deutsche Übersetzung von Michael Kunze
Inszenierung
Deutschsprachige Erstaufführung: 31. März 1993
Theater Heilbronn, Bundesrepublik Deutschland
- Regie: Phil Young
- Musikalische Leitung: Gerd Nicolas Kemmer
- Bühnenbild: Thomas Pekny
- Kostüme: Roswitha Egger
Besetzung:
- Der Schießbudenbesitzer: Rolf Rudolf Lütgens
- Leon Czolgosz: Michael Rast
- John Hinckley: Anton Krist
- Charles Guiteau: Walter Sprungala
- Giuseppe Zangara: Uwe Rohbeck
- Samuel Byck: Christian M. Lerch
- Lynett (Squeaky) Fromme: Alexandra Posch
- Sara Jane Moore: Birgit Vogel
- John Wilkes Booth: Günter Schossböck
- Der Balladensänger: Gerhard Palder
- David Herold: Frank Rebel
- Barkeeper: Georg Krause
- Augenzeugen: Ulla Niegel-Knaack, Christina Weiser, Rolf Rudolf Lütgen, Diego Müller und Frank Rebel
- Emma Goldman: Ulla Niegel-Knaack
- Präsident James Garfield: Rolf Rudolf Lütgens
- James Blaine: Frank Rebel
- Präsident Gerald Ford: Diego Müller
- Lee Harvey Oswald: George Krause
- Alle übrigen Rollen werden vom Ensemble gespielt
Premierenchronik
USA | UA | 27. Januar 1991 | Playwrights Horizons, New York |
GB | EA | 31. März 1992 | Donmar Warehouse, London |
D | Dspr. EA | 31. März 1993 | Theater, Heilbronn |
A | EA | 20. November 1993 | Landestheater, St. Pölten |
Inhaltsangabe
Zu „Hail To The Chief“, der Musik, die üblicherweise beim Erscheinen amerikanischer Präsidenten ertönt, erscheinen auf der Bühne, die eine hellerleuchtete Rummelplatz-Schießbude vor einem überdimensionalen Stern aus dem Stars-and-Stripes-Banner zeigt, nicht das politische Oberhaupt der USA, sondern nach und nach Personen, die im Laufe der Geschichte Attentate, erfolgreich oder missglückt, auf die US-Präsidenten unternommen haben. Der Balladensänger, der kommentierend immer wieder in die Handlung eingreift, ermutigt sie, dass in Amerika Träume nicht nur wahr werden können, sondern es auch sollten; und wenn dies nicht geschieht, dass dann jemand oder etwas daran schuld sein muss, eine Waffe zu erwerben und „erschieß einen Präsidenten“.
Die im Laufe des Musicals erscheinenden Attentäter, die versuchen die Hintergründe ihres Tuns, ihre Individualität zu erklären und sich gegen das 'Abgestempelt' sein als Verrückte und Außenseiter wehren, sind:
John Wilkes Booth (1838-1865): Attentäter von Präsident Abraham Lincoln
Charles J. Guiteau (1841-1882): Attentäter von Präsident James Garfield
Leon Czolgosz (1873-1901): Attentäter von Präsident William McKinley
Giuseppe Zangara (1900-1933): Attentäter des designierten Präsidenten Franklin D. Roosevelt
Lee Harvey Oswald (1939-1963): mutmaßlicher Mörder von Präsident John F. Kennedy
Samuel Byck (1930 – 1974): Attentäter von Präsident Richard Nixon
John Warnock Hinckley Jr. (1955-): Attentäter von Präsident Ronald Reagan
Lynette Alice "Squeaky" Fromme (1948-): Attentäterin von Präsident Gerald Ford
Sara Jane Moore (1930-): Attentäterin von Präsident Gerald Ford.
(Klaus Baberg)
Kritiken
"Weidmanns Buch, das zunächst vielleicht wie eine muntere Mörder-Revue zwischen verrückt und verzweifelt wirken mag, entbehrt keineswegs des dramaturgischen Aufbaus und spitzt sich in windschiefen Dialogen zwischen den ungleichen Attentätern (die außer ihrer Tat nichts gemeinsam haben) auf den berühmtesten Präsidentenmord und gleichzeitig auf den einen, tiefen Beweggrund für alle Attentate zu: der erste Präsidenten-Attentäter, der Lincoln-Mörder John Wilkes Booth (beeindrucken zynisch gespielt von Günter Schoßböck), trifft auf den Kennedy-Mörder Lee Harvey Oswald (Georg Krause). Booth als erfolgloser Schauspieler eine Art Urahn all der nach Aufmerksamkeit gierenden Attentäter, muß den Selbstmörder Oswald erst davon überzeugen, lieber auf Kennedy, als auf sich selbst zu schießen, weil man so viel mehr von dem kriegt, was man mit einem Selbstmord erreichen kann - Beachtung. [...]
An Phil Youngs pointierter, effektvoller Regie stört lediglich der Einfall, den kommentierenden Balladensänger als Uncle Sam himself samt Rauschebart zu kostümieren und ihm so sein lockeres Außenvor-Sein und sozusagen die epische Distanz zum bösen Inhalt seiner Erzählungen wegzuinszenieren. [...]
Sondheims Musik verlangt wohl keine extremen Gesangsausbrüche, sie erfordert dafür aber tongenaues und rhythmussicheres Singen und vor allem eine gewisse Selbstverständlichkeit des Vortrags. Wenn nun die hilfeschreienden Blicke zum Dirigenten auch noch die (ansonsten spannende) szenische Leistung beeinträchtigen, drängt sich schon die Frage auf, warum ein Theater mit zwei großen Musicalproduktionen im Jahr nicht einmal einen einzigen guten Sänger aufbieten kann. Zumal doch ein bewährtes Musicalorchester und mit Nicolas Kemmer ein hervorragender Dirigent zur Verfügung steht."
Angela Reinhardt: Attentäter, Deutschsprachige Erstaufführung von Stephen-Sondheims 'Präsidenten-Killer'-Musical. In: Musicals, Das Musicalmagazin, Heft 41, Juni/Juli 1993, Seite 9-10.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Assassins". Original Braodway Cast Recording, USA 1991, Studio-Einspielung, RCA Victor 60737-2-RC (1xCD).
Literatur
- Joanne Gordon: Art Isn´t Easy, The Theater of Stephen Sondheim. Da Capo Press 1992.
- Meryle Secrest: Stephen Sondheim: a life. Bloomsbury, London,1998.
- Stephen Sondheim: Look, I made a hat: Collected Lyrics (1981-2011) with attendant Comments, Amplifications, Dogmas, Harangues, Digressions, Anecdotes and Miscellany. Virgin Books, 2011.
Empfohlene Zitierweise
"Attentäter" ("Assassins"). In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 18. August 2020.