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Andi

Musical


von Burkhard Driest, Peer Raben und Peter Zadek 
Frei gestaltet nach dem gleichnamigen STERN-Buch von Kai Hermann und Heiko Gebhardt

 


Inszenierung


Uraufführung: 6. März 1987
Deutsches Schauspielhaus, Hamburg, Bundesrepublik Deutschland
 

  • Regie: Peter Zadek
  • Produktion und Regie-Mitarbeit: Corinna Brocher 
  • Musik: Peer Raben, Einstürzende Neubauten - Blixa Bargeld, Mark Chung, F. M. Einheit, Alexander Hacke, Endruh Unruh
  • Bühne: Johannes Grützke  
  • Kostüme: Barbara Naujok
  • Choreografie und Regie-Mitarbeit: Laurie Booth
  • Lichtdesign: André Diot
  • Regieassistenz: Rosee Riggs, Ulrike Maack, Laszlo Kornitzer und Ian Holt 


Besetzung:

  • Andi Zander: Uwe Bohm
  • Frau Zander, seine Mutter: Jutta Hoffmann
  • Herr Zander, sein Vater: Hans-Joachim Millies
  • Buttje Zander, sein Bruder: Andreas Krämer
  • Großvater: Wolfgang Schenck
  • Großmutter: Grischa Huber
  • Gustl, Freund der Mutter: Christian Redl
  • Herr Heise, Kioskbesitzer: Heinz Schubert
  • Frau Heise, seine Frau: Heide Grübl
  • Gloria Heise, seine Tochter: Nora Barner
  • Sonja, Susanne Lothar
  • Bodo: Ralf Richter
  • Martina: Susanne Schäfer

 

     Gang

  • Paul: Frank Meyer-Brockmann
  • Lucie: Lucia Mezger
  • Silke: Susa Schumann
  • Sükrü Ilme: Diego Wallraff
  • Sein Bruder: Jürgen Wallraff
  • Sven-Detlef: Hans-Jörg Frey
  • Claudia: Helene Tschiemer
  • Björn: Sebastian Fuchs
  • Mini: Andreas Krämer

 

  • Opa Kalinski / Rechtsanwalt: Martin Pawlowsky
  • Olaf Wolpe, Jugendpfleger: Rüdiger Kuhlbrodt
  • Frau Kalb, Andis Lehrerin: Eva Mattes
  • Onkel Pavelschmidt, griech. Nachbar der Familie Zander: Hans Hirschmüller
  • Fragender im Verhör: Grischa Huber
  • Wispernde Stimme im Verhör: Blixa Bargeld
  • Krankenpfleger: Frank Meyer-Brockmann
  • Zange, ein Häftling: F. M. Einheit
  • Glatze, ein gefängnisbeamter: Christian Redl
  • Nachrichtensprecher / Richter / Pfarrer: Christian von Richthofen
  • Staatsanwalt: Hans Hirschmüller
  • Herr Lackmus, Besitzer einer Autowerkstatt: Hans Irle
  • Radio Dulsberg, eine Kundin / Kneipenbesitzerin: Ilse Bally
  • Frau Worms, eine Kundin: Renate Pelster
  • Die Kleinen von Frau Albrecht: Jürgen Wallraff und Diego Wallraff
  • Urnenträgerin: Susa Schumann
  • Daleks (Außerirdische): Maike Fischer, Sebastian Fuchs, Andreas Krämer, Lucia Mezger, Susa Schumann, Helene Tschiemer, Diego Wallraff, Jürgen Wallraff
  • Krankenschwester: Christiane Renner
  • Zwei Nutten: Zazie de Paris, Grischa Huber
  • Wirt: Burckhard Rode
  • Kunden und Passanten: Ilse Bally, Marianne Burri, Maike Fischer, Hans Hirschmüller, Hans Irle, Petra Kock, Rüdiger Kuhlbrodt, Eva Mattes, Hans-Joachim Millies, Conni Moré, Renate Pelster, Christian Redl, Wolfgang Schenck, Zazie de Paris
  • Chinesen: Frank Meyer-Brockmann, Marianne Burri, Maike Fischer, Sebastian Fuchs, Hans-Jörg Frey, Petra Kock, Andreas Krämer, Lucia Mezger, Connie Moré, Susa Schumann, Helene Tschiemer, Diego Wallraff, Jürgen Wallraff
  • Verkäuferinnen: Maike Fischer, Petra Kock
  • Verkäufer: Andreas Krämer

 

 

Premierenchronik 

D UA 6. März 1987 Deutsches Schauspielhaus, Hamburg

 

 

Inhaltsangabe


"Ein schwer erziehbarer Junge, heimatlos auch in der eigenen Familie, randaliert mit der Rocker-Gruppe, in der er so etwas wie Wärme zu finden wähnt, auf der Straße. Die angetrunkenen Kinder machen sich am Auto eines Tabakhändlers zu schaffen. Der droht. Als das nichts hilft, rennt der sonst ruhige Mann zum Schrank. Holt das Gewehr. Und ballert. Auf der Strecke bleibt Andi, sechzehn Jahre alt. Herzschuß."

(Rolf Michaelis: Theatralische Null-Lösung, Das Deutsche Schauspiel- als Operetten-Haus: "Andi" - Peter Zadeks Versuch eines Staatstheaters mmit Rockern. In: Die Zeit, Nr. 12, 13. März 1987)

 

 

Kritiken


"Das Musical ´Andi´ erlebte seine Uraufführung. Und selten zuvor mischten sich Kiez und Kulturschickeria so schön wie an diesem Premierenabend. [...]

Leider haben sich Burkhard Driest und Peter Zadek scheinbar so in ihre Bühnenfassung verknallt, daß sie es später nicht mehr fertigbrachten, die Geschichte noch einmal - und nun mit Distanz - zu lesen. Vielleicht hätten sie in diesem Fall doch noch manches zugunsten einer größeren dramatischen Dichte gekappt. In seiner jetzigen Form ufert das Musical - besonders nach der Pause - ziemlich aus.

Viel Eindrucksvolles (Laurie Booth´ Chinesen-Nummer) und Einfallsreiches wird in einem Aspik aus nur Halbgeratenem eingebettet. Etwas mehr Fleisch und etwas weniger Drumherum hätte allen vermutlich noch besser geschmeckt. Was den Theaterfreund jetzt erwartet, ist nicht nur laut, sondern auch lang. [...]

Wenn man über Peer Rabens Schnulzenkollage einschließlich der dazugehörigen Trivialtexte notfalls noch gnädig hinweghören kann, über die ´Einstürzenden Neubauten´ kann man es nicht. Sollte man auch nicht! Denn erst durch das atembeklemmende und ohrenbetäubende kunstvoll organisierte Gedröhne der Berliner Rockgruppe gewinnt ´Andi´ eine Dimension, in der sich alles das ausdrückt, was unsere von Bedrohungen umstellte Welt ausmacht."

Mathes Rehder: Dulsberger Nächte sind lang, Zadeks und Driests Musical "Andi" im Schauspielhaus uraufgeführt. In: Hamburger Abendblatt, 9. März 1987.

 

"Kein Jugendstück, oder Jugendtheater, jedem aufklärerischen Antrieb um Jeans-Längen voraus. ´Andi´ ist das, was man eine wahre Geschichte nennt, ein Stück Trivialliteratur, wie sie Regisseur Peter Zadek liebt. Er hat dem nichts hinzugefügt. [...] Zadek macht wieder einmal pralles Theater voll der absurden Einfälle und oft in den Details wunderbar. [...]

Stationen: Jugendbande, Erste Liebe, Kneipe, Jugendarrest, Kneipe, Fürsorge, Kneipe, wieder die Mutter. Dulsberger (so heißt dieses Hamburger Viertel des sozialen Wohnungsbaus) Nächte sind lang, zu lang. Erst das Finale reißt das Stück raus. Die Inspektion der feinen Leute beginnt. Eine grelle Partyversammlung im Gericht, alle sind mit Operngläsern ausstaffiert. Der vernehmende Richter trommelt auf seinem Tisch, ein kleines Schlagzeug. Zwei Kasperle in einem Fenster versetzen allen Zeugen leichte Schläge auf den Hinterkopf. Andis Leben wird mithilfe von Zeugenaussagen rekapituliert. Wie gesagt, er hätte Autolackierer werden können. Die Neubauten steigen ein in diesen Prozeß und noch einmal hauen sie wütend zu, nehmen sie diese Gesellschaft hoch, die kreischend auseinander stiebt, während die Rocker mit Durchhalteparolen die Wände besprühen."

Sabine Seifert: Schnaps und Schnee, das tut nicht weh, "Andi" - Uraufführung des Rockmusicals von Zadek / Driest in Hamburg. In: taz, 10. März 1987.

 

"Während sich Theaterleute, Politiker und Journalisten über die Zukunft des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg ereiferten, probte Peter Zadek das Musical ´Andi´. Eine überzogene Werbung sorgte wiederum für überspannte Erwartungen; flugs wurde der Versuch, mit Staatstheater-Aufwand ein Musical vor allem für Jugendliche auf die Bühne zu wuchten, zur Bewährungsprobe für den Theatermacher Zadek ausgerufen. [...]

Doch die ästhetischen Probleme dieser Aufführung reichen tiefer ins Selbstverständnis heutigen Theatermachens, die fragwürdige Einbindung der Werbung ist da nur ein, wenn auch signifikanter Aspekt. So richtig Peter Zadeks Ansatz, sich mit allen Möglichkeiten des Theaters auf die heutige Wirklichkeit einzulassen, an sich ist, so unzufrieden macht das Ergebnis der monatelangen Probenarbeit. Vor allem, weil es nur durch die additive Anhäufung aller Theatermittel zu beeindrucken versucht. Ironischerweise wird das ehrgeizige Unternehmen zuallererst das Opfer unzulänglicher Voraussetzungen, die man gerade bei Zadek nicht erwartet. Schon Burkhard Driests Szenarium bleibt sogar hinter seiner Vorlage, dem Tatsachenbericht der ´Stern´-Reporter Kai Hermann und Heiko Gebhardt, zurück, entdeckt im Schicksal des jungen Andreas Z und in der Haltung seines arglosen Killers nicht die Widersprüche dieser Gesellschaft, sondern macht aus Andis Familientragödie, seinen jugendlichen Nöten, seinen unerfüllbaren Sehnsüchten - und der Gegenwelt der Erwachsenen eine Folge konventioneller, sprachlich und dramatisch kraftloser Szenen, der kurzatmigen Dramaturgie von biederen Vorprogrammserien im Fernsehen näher als der womöglich angestebten grellen Eindringlichkeit mancher Comics. [...] Wäre da nicht der Einfall, die Berliner Band ´Einstürzende Neubauten´ auftreten und mit ihrem dumpf-hämmernden, genau in die Magengrube zielenden Sound Akzente setzen zu lassen, würde das Stück in triefender Harmlosigkeit ertrinken."

Wolfgang Ruf: Theater als bombastische Verpackung, "Andi" in Hamburg. In: Die Deutsche Bühne, Heft 4, April 1987, Seite 12-14.

 

 

Medien / Publikationen

 

Literatur

  • Kai Hermann, Heiko Gebhardt: Andi, Der beinahe zufällige Tod des Andreas Z., 16. Hamburg: Gruner + Jahr o.J. (1980).
  • Peter Zadek: My Way, Eine Autobiographie, 1926-1969. Reinbek: Rowohlt 2000.
  • Wolfgang Jansen: "...eine Hamburger Antwort auf ´Cats´", Zur Uraufführung des Musicals "Andi" im Hamburger Schauspielhaus 1987. In: musicals, Das Musicalmagazin, Heft 183, Februar/März 2017, Seite 70-73.

 

 

Empfohlene Zitierweise

 
"Andi". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu

Letzte inhaltliche Änderung: 3. März 2020.