Alice [Luzern]
Schauspielmusical nach Lewis Carrolls "Alice im Wunderland"
Musik und Gesangstexte von Tom Waits und Kathleen Brennan
Buch von Paul Schmidt nach Lewis Carroll
Deutsche Übersetzung von Wolfgang Wiens
Inszenierung
Schweizer Erstaufführung: 28. März 2013
Theater, Luzern, Schweiz
- Musikalische Leitung: Daniel Perrin
- Musik: Alan Bern und Martin Baumgartner
- Regie: Andreas Herrmann
- Choreographie: Marcel Leemann
- Bühnenbild: Max Wehberg
- Kostüme: Sabine Fleck
- Lighting: Gérard Cleven
Besetzung (ohne Rollenbezeichnung):
- Michèle Breu
- Banafshe Hourmazdi
- Bianca Kriel
- Linda Lienhard
- Lisa Katrina Mayer
- Stefanie Mrachacz
- Mehmet Atesci
- Tobias Bienz
- Maximilian Kraus
- Raphael Tschudi
- Samuel Zumbühl
Premierenchronik
D | UA | 19. Dezember 1992 | Thalia Theater, Hamburg |
USA | EA | 6. Oktober 1995 | Brooklyn Academy of Music, New York |
CH | EA | 28. März 2013 | Theater, Luzern |
Inhaltsangabe
"Waits benutzt Phantastisches, fremdartige Charaktere und Bilder, um die innere Welt eines Mannes zu entwerfen, die geprägt ist von Verlust und Sehnsucht in einer Atmosphäre aus Leid und Träumerei, Wahnsinn und Resignation. In ihrer Gegensätzlichkeit und Unfassbarkeit drängt sich der Vergleich mit der Theatermusik Kurt Weills auf, oder wie Tom Waits selbst sagte: 'Alice is adult songs for children, or children’s songs for adults. It’s a maelstrom or fever-dream, a tone-poem, with torch songs and waltzes... an odyssey in dream and nonsense.'
Das Werk beschäftigt sich mit Lewis Carroll, dem Autor von 'Alice im Wunderland' und 'Durch den Spiegel und was Alice dort fand', und seiner Besessenheit von der jungen Alice Liddell, dem Mädchen, das ihn zu diesen Werken inspirierte. Die Verwirrungen und Obsessionen des Autors werden thematisiert, der Handlung und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit, die Figur und die reale Alice nicht mehr unterscheiden kann."
(Stückinformation des Verlags Felix Bloch Erben, Berlin 2024).
Kritiken
"Die Songs, die aufgespielt werden, sind nicht allesamt aus dem Originalmusical. So klingt unter anderem ein Stück aus dem 'Black Rider' oder 'Bad As Me' von der gleichnamigen jüngsten Waits-Scheibe an. Die gesanglichen Leistungen erinnern von Stimmgewalt und englischer Aussprache der Spielenden schon mal an Kanti-Musical. Was nichts Ehrenrühriges ist, zumal die Schauspieler bis auf Samuel Zumbühl, der Carrolls Part übernimmt, Studierende der Zürcher Hochschule der Künste und Hochschule Luzern Musik sind.
Einer der beiden klaren Höhepunkte ist die von Daniel Perrin – der nach 'Woyzeck' bereits zum zweiten Mal fürs Luzerner Theater arbeitet – geleitete Band. So unglaublich stimmig schallt es aus dem Orchestergraben, dass man sich mehr instrumentale Parts wünscht. Das andere Highlight ist das Bühnenbild von Max Wehberg. Es unterstreicht die Atmosphäre phänomenal, bereits zu Beginn mit einer mathematischen Figur, die auch innen und aussen, unten und oben abgrenzt. Sowieso das Optische, die ganzen Einfälle und Spielereien: das witzige fliegende Silberviech, die Kostüme, die Darstellung von Humpty Dumpty (ein auf ein riesiges Ei – das die Kinderreimfigur ja ist – projizierter Schauspieler), die ganzen Projektionen überhaupt: Wahrscheinlich sind sie es, die dem Stoff am gerechtesten werden – das Innenleben des Mathematikers und Logikers C.L. Dodgson, des Autors der 'Alice'-Bücher Lewis Carroll, das sich nicht fassen lässt und nicht unproblematisch ist."
Pablo Haller: Everything you can think of is true? – "Alice" im Luzerner Theater. In: 041. Das Kulturmagazin, 31. März 2013, [https://www.null41.ch/blog/everything-you-can-think-true-alice-im-luzerner-theater], aufgerufen 23. Februar 2024.
"So schön wie vor drei Jahren 'Woyzeck' von Robert Wilson und Tom Waits ist dem Luzerner Theater 'Alice' aus der Hand des selben Teams nicht gelungen. Das Publikum spendete an der Premiere am Donnerstag dennoch reichlich Applaus. Das Musical reichert die Szenen aus Lewis Carrolls Kinderbuchklassikern an mit der Geschichte der realen Alice. 'Alice im Wunderland' und 'Alice hinter den Spiegeln' waren ursprünglich eine Liebesgabe des Mathematikers und Autors Charles Lutwidge Dodgson alias Lewis Carroll an die damals 11jährige Alice Liddell. Der Hobbyfotograf lernte das Mädchen kennen, als es vier war und pflegte jahrelang engen Kontakt zur Familie. Dabei fabulierte er Alice und ihren Schwestern gern Geschichten vor.
Als eine Art Nummernrevue mit inhaltlich nur locker verbundenen Szenen sowie 15 Songs zerfällt der Abend etwas. Da alle Lied- und ein Teil der Sprechtexte englisch sind, sind Zusammenhänge schwierig herzustellen. Tom Waits' Songs muss man aber nicht verstehen, um sie zu geniessen. Das breite Spektrum der von einem Live-Orchester begleiteten Songs – vom Barjazz über Zirkusmusik, Schlaflied bis zum Walzer – ist überwältigend."
sda: Alice im Musicalland. In: St. Galler Tagblatt, 30. März 2013.
"Das Musicalschauspiel «Alice» von Tom Waits wird am Luzerner Theater als Schweizer Erstaufführung gezeigt. Die Produktion basiert auf dem Weltbestseller «Alice im Wunderland» und auf der Biografie des Autors Lewis Carroll. Die Luzerner Inszenierung besticht trotz einiger Längen mit magischem Design.
In ihrer Fantasiewelt begegnet Alice skurrilen Gestalten: redenden Blumentöpfen, kämpfenden Schachfiguren oder dem verrückten Hutmacher. Die Bühne des Luzerner Theaters wird zum Musical-Traumland. Die Musik von Tom Waits hat Zug. Einmal sind es raue Jazz-Balladen, dann wieder sind die Melodien weich, fast lyrisch.
Bei der Luzerner Inszenierung gibt es verblüffende Kostüme. Im Orchestergraben brillieren Studierende der Hochschule Luzern Musik. Was die Sängerinnen und Sänger zeigen ist zwar nicht immer perfekt, dafür unverbraucht, voller Ideen und Temperament.
Am Anfang kriegt das Publikum nicht genug von dieser atmosphärischen, bunten Musikcollage. Gegen den Schluss schleichen sich jedoch ein paar Längen ein. Trotzdem lohnt sich eine Reise durch diese Welt voller Träume und Nonsense."
Romano Cuonz: Rasante Reise durch eine Welt voller Träume am Luzerner Theater. In: sfr (Schweizer Radio und Fernsehen) - Premierenkritik, ausgestrahlt 30. März 2013.
Medien / Publikationen
Audio-Aufnahmen
- "Alice". OC Hamburg 1992. ANTI 2002 (1xCD).
- "Alice". ORC NY 2001. Epitaph 6632-2. (1xCD).
Empfohlene Zitierweise
"Alice [Luzern]". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 23. Februar 2024.