Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?
Musical-Krimi
Musik und Liedtexte von Paul Graham Brown
Text und deutsche Fassung von James Edward Lyons
Inszenierung
Uraufführung: 14. April 2023
Kleines Theater am Südwestkorso, Berlin, Bundesrepublik Deutschland
- Musikalische Leitung: Paul Graham Brown
- Regie: James Edward Lyons
- Bühnen- und Kostümbild: Dietrich von Grebmer
- Choreographie: Daniela Thiele
Besetzung:
- Agatha Christie: Barbara Felsenstein
- Archie Christie: Holger Hauer
- Nancy Neale: Melanie Starkl
- John: Björn-Ole Blunck
v.l.: Björn-Ole Blunck (als John), Melanie Starkl (als Nancy Neale), Barbara Felsenstein (als Agatha Christie), Holger Hauer (als Archie Christie) (c) Kleines Theater am Südwestkorso / Foto: Jörn Hartmann |
Premierenchronik
D | UA | 14. April 2023 | Kleines Theater am Südwestkorso, Berlin |
CH | EA | 27. September 2024 | Kammerspiele Seeb, Bachenbülach |
Inhaltsangabe
"Ein wahrer Krimi: An einem kalten Abend im Jahre 1926 verschwindet Krimi-Autorin Agatha Christie spurlos. Nun sucht ganz England nach ihr, und befürchtet Schlimmes. Was geschah wirklich mit ihr? Seit fast hundert Jahren ranken sich darum Legenden.
Untergetaucht in einem abgelegenen Hotel in Yorkshire, versucht Agatha die Scherben ihrer zerbrochenen Ehe aufzusammeln. Wie konnte ihre einst schillernde Beziehung mit dem schneidigen Fliegerpilot Archie so scheitern? Wie wurde er in die Arme der schönen Nancy getrieben? Während Agatha den Spuren der Beziehung nachgeht, kann sie nicht widerstehen ihre eigenen mörderischen Wendungen in die Geschichte einzubauen – ganz im unnachahmlichen Stil der Krimi-Königin. Reale Erinnerungen verwandeln sich plötzlich in (Rache-)Fantasien im Orient-Express oder auf dem Nil."
(aus: Presseinformation, Website des Kleinen Theaters am Südwestkorso, 2023)
Barbara Felsenstein (als Agatha Christie), im Spiegel: Holger Hauer (als Archie Christie) (c) Kleines Theater am Südwestkorso / Foto: Jörn Hartmann |
Kritiken
"Es geht very british zu bei der Uraufführung des Musical-Krimis 'Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?' im Kleinen Theater. Die Wände funkeln Chintz-bezogen und man hört mehr als ein exaltiertes 'Oh Dear' in der Inszenierung nach einer wahren Begebenheit von 1926, als die Schriftstellerin elf Tage unauffindbar war. Worüber sogar die New York Times berichtete. Regisseur James Edward Lyons hat das Stück mit Paul Graham Brown ersonnen, der auch für die Musik verantwortlich zeichnet. Der Mix aus Krimi, Liebesgeschichte und Musical ist vor allem humorig und gefällig. Mindestens so cosy wie viele beliebte Krimis von der Insel. Aber schließlich gehören Christies berühmteste Helden, die schrullige Miss Marple und der clevere Hercule Poirot, ja auch zu den ersten und vorzüglichsten Vertretern dieser Crime-Spielart.
[...] Dazu wird gesungen, was das Zeug hält. Und zwar nicht nur Songs, sondern auch Rezitative. Was zuweilen leicht angestrengt wirkt und das Tempo aus der Handlung nimmt. Bei der weiß man irgendwann gar nicht mehr, was nun Realität und was Fiktion ist. Ein geschicktes Verwirrspiel. Im wahren Leben hat Agatha Christie ihr Verschwinden nie erwähnt."
Ulrike Borowczyk: Kleines Theater: Plötzlich ist Agatha Christie verschwunden. In: Berliner Morgenpost, 15. April 2023.
"In diesem Jahr feiert das Kleine Theater, eine Berliner Erstaufführungsbühne, die auch immer wieder neue Kammer-Musicals für sich entwickeln lässt, sein 50. Jubiläum. Die Uraufführung des Krimi-Musicals ´Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?´ ist ein Geschenk für das treue Publikum und Besucher, die das Haus im Ortsteil Friedenau mit nur 99 Zuschauerplätzen noch nicht kennen. Zu sehen gibt es einen Kriminalfall vor realem Hintergrund, der von einem guten Cast getragen Spannung verspricht. [...]
Lyons setzt das Krimi-Musical als Regisseur selbst in Szene und führt den hohen Spannungsbogen auch in seiner Inszenierung fort. Dabei pendelt er unentwegt zwischen den beiden Erzählebenen - dem Verschwinden von Agatha Christie und der Aufklärung des Mordes - hin- und her. Auch wenn sie immer wieder ineinander übergehen, behält das Publikum stets den Überblick, in welcher Ebene sich die Handlung gerade befindet. Zum Schluss verschmelzen beide Rätsel zu einer Einheit und geben eine Lösung preis, die überrascht, aber dabei alles andere als bemüht wirkt. Allerdings würden einige Kürzungen in den manchmal sehr behäbig wirkenden Texten den Spannungsbogen noch mehr stärken.
Auch musikalisch ist noch Luft nach oben. Die Partitur von Paul Graham Brown ist zwar sehr abwechslungsreich und beinhaltet vom Tango bis zur klassisch inspirierten Ballade fast alles was das Musical-Herz begehrt. Allerdings besitzt sie nur ein geringes Ohrwurm-Potenzial, was auch daran liegt, dass der Komponist als einziger musikalischer Begleiter am E-Piano nur wenig Gestaltungsmöglichkeiten hat. [...]
Unterm Strich ist ´Vermisst!´ ein mörderisch guter Abend, der sowohl Krimi-Freunde als auch Musical-Fans in seinen Bann zieht und versucht, für eine wenig bekannte Episode aus dem Leben der Agatha Christie eine unterhaltsame Erklärung zu finden."
Kai Wulfes: Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?, Kleines Theater Berlin. In: Online-Portal "musicalzentrale.de", 18. Oktober 2023.
"Zutaten, aus denen bei entsprechender Umsetzung ein witziges, temporeiches, spritziges Stück entstehen könnte. James Edward Lyons übernahm gleichzeitig die Regie, Komponist Paul Graham Brown die musikalische Leitung. Das hat meistens seine Tücken, wenn den Urhebern logischerweise die Distanz zum eigenen Werk fehlt. Auch hier werden diese neuralgischen Punkte zeitweilig offenbar. Das Timing schlingert, die Pointen sind nicht immer darmaturgisch sicher platziert. Einige Dialoge erscheinen arg gestelzt und manche Kunstpause überdehnt. Lyons animiert seine Protagonisten oft zu bedeutungsschwerer Mimik. Mehr Ironie hätte der Handlung gewiss gutgetan. Potenzial besitzen die Songs, allerdings klingen etliche sehr ähnlich, wären statt ausschließlich auf dem Klavier mit einer kleinen Combo wirkungsvoller geewesen. Im zweiten Teil gerät die Sache runder. das liegt vor allem an der Musik, die unter anderem Tango oder Foxtrott auffährt und mit ´Wo ist der Tanz´ sipowie ´Nie vefgesse ich dich in deinem roten Kleid´ zwei Höhepunkte markeirt. Lyons und Brown lieben ansonsten die Klischees. [...]
Wenn ein wenig am Text geschliffen wird und mit satteren Sound könnte der Musical-Krimi auch anderswo reüssieren."
Heinz-Jürgen Rickert: Rundblick: Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?, Kleines Theater am Südwestkorso. In: musicals, das Musicalmagazin, Heft 219, Juni/Juli 2023, Seite 24.
Medien / Publikationen
DVD / Video
- "Das Geheimnis der Agatha Christie (Agatha)". Film mit Vanessa Redgrave und Dustin Hoffman; Regie Michael Apted, 1979. Warner Bros. (1xDVD)
Literatur
- Barbara Sichtermann: Agatha Christie, Biografie. Hamburg: Osburg 2020.
- Laura Thompson: Agatha Christie, An English Mysterie. Headline Review 2007.
Empfohlene Zitierweise
"Vermisst! Was geschah mit Agatha Christie?". In: Musicallexikon. Populäres Musiktheater im deutschsprachigen Raum 1945 bis heute. Herausgegeben von Wolfgang Jansen und Klaus Baberg in Verbindung mit dem Zentrum für Populäre Kultur und Musik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. www.musicallexikon.eu
Letzte inhaltliche Änderung: 17. Dezember 2024.